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Die Zeit rennt: Womöglich erste Spur von »Titanic«-Tauchboot

Obwohl die abzusuchende Fläche riesengroß ist, hoffen Einsatzkräfte, das verschwundene Tauchboot »Titan« noch rechtzeitig zu finden. Nun gibt es womöglich ein Lebenszeichen der Passagiere: Klopfgeräusche.
Das vermisste Tauchboot »Titan«
Im Nordatlantik suchen Rettungskräfte nach dem Tauchboot »Titan«, das mit fünf Insassen auf dem Weg zum berühmten Wrack der »Titanic« war.

Update vom 22. Juni: Nach dem Fund von Trümmerteilen im Suchgebiet geht die US-Küstenwache inzwischen vom Tod aller Passagiere aus.

Auf der Suche nach dem vermissten Tauchboot »Titan« im Atlantik gibt es möglicherweise ein Lebenszeichen der Insassen. Suchteams hätten am 20. Juni alle 30 Minuten Klopfgeräusche in der Region registriert, in dem das Gefährt der Firma Oceangate vermutet werde, hieß es in einem internen Memo der US-Regierung, aus dem der Sender CNN zitiert.

Nachdem zusätzliche Sonargeräte eingesetzt worden seien, sei das Klopfen noch immer zu hören gewesen. Aus dem Memo ging nicht hervor, wann genau und wie lange das Geräusch zu vernehmen war. Ein Update vom Abend des 20. Juni berichtete laut CNN von weiteren Geräuschen, die aber nicht mehr als »Klopfen« beschrieben wurden. Die Laute deuteten aber darauf hin, dass es weiter Hoffnung auf Überlebende gebe. Die US-Küstenwache teilte später in einem Tweet mit, dass ein kanadisches Suchflugzeug »Unterwassergeräusche« gehört habe. Tauchroboter seien in das Gebiet entsandt worden, um den Ursprung zu erforschen – zunächst aber ohne Erfolg.

Das Gefährt des Unternehmens Oceangate Expeditions sollte die Passagiere zum Wrack der 1912 gesunkenen, weltberühmten »Titanic« bringen, die am Grund des Ozeans in 3800 Meter Tiefe liegt. Es wird bereits seit dem Tag der Abfahrt am 18. Juni vermisst. Etwa eine Stunde und 45 Minuten nach Beginn des Tauchgangs, der rund sieben Stunden dauern sollte, riss der Kontakt zum Begleitboot »Polar Prince« ab. Die Kosten für die insgesamt achttägige Expedition liegen bei 250 000 US-Dollar (229 000 Euro). An Bord der »Titan« ist unter anderem der französische Forscher Paul-Henri Nargeolet (77), der als einer der bekanntesten Experten für das Wrack des 1912 gesunkenen Luxusliners gilt und daher den Spitznamen »Mr. Titanic« trägt. Weitere Insassen sind der britische Abenteurer Hamish Harding (58) sowie der britisch-pakistanische Unternehmensberater Shahzada Dawood (48) und dessen 19-jähriger Sohn Suleman. Der fünfte Vermisste ist Oceangate zufolge der Chef der Betreiberfirma Stockton Rush (61), der als Kapitän des Boots fungiert habe.

Die Zeit drängt: Schätzungen der Behörden zufolge dürfte der Sauerstoff nur noch bis zum 22. Juni etwa Mittags (MESZ) reichen. Doch Experten zeigten sich mit Blick auf die Chance, das Gefährt rechtzeitig und intakt zu finden, pessimistisch. Führungskräfte der Tauchboot-Industrie haben laut eines Artikels der »New York Times« schon vor Jahren Sorgen bezüglich der Sicherheit der »Titan« geäußert. »Wir befürchten, dass der aktuelle experimentelle Ansatz von Oceangate zu negativen Ergebnissen führen könnte (von geringfügig bis katastrophal)«, schrieben sie in einem auf 2018 datierten Brief, den die Zeitung veröffentlichte. Darin wird Oceangate irreführendes Marketing vorgeworfen. Chef Stockton Rush wurde dazu aufgerufen, die »Titan« von einer unabhängigen Partei testen zu lassen.

Das passt zum Eindruck von Reporter David Pogue vom US-Sender CBS, der die Fahrt im vergangenen Jahr mitgemacht hatte. Er sagte der BBC, das Gefährt habe auf ihn einen improvisierten Eindruck gemacht. »Man steuert dieses U-Boot mit einem Xbox-Gamecontroller«, sagte Pogue. Ein Teil des Ballasts bestehe aus Baurohren. Falls das Boot eingeklemmt werde oder Leck schlage, »gibt es kein Back-up, keine Rettungskapsel«, sagte er. Der ehemalige U-Boot-Offizier Frank Owen sagte der BBC, die größte Herausforderung für die Eingeschlossenen sei es, ruhig zu bleiben und nicht zu viel Sauerstoff zu verbrauchen.

Derzeit sind das französische Forschungsschiff »L’Atalante« sowie die kanadische HMCS Glace Bay, die eine Dekompressionskammer und medizinisches Personal an Bord hat, in der Region unterwegs. Verunglückte Taucher müssen nach ihrer Rettung möglichst schnell in eine solche hyperbare Kammer gelangen, um bleibende Schäden zu verhindern. Zunächst habe man sich bei der Suche auf die Wasseroberfläche konzentriert, indem mit Flugzeugen systematisch ein großes Gebiet abgeflogen worden sei, sagte John Mauger von der US-Küstenwache. Auch Unterwasserfahrzeuge sollen mittlerweile angekommen sein. Dabei setzten die Rettungskräfte vor allem Sonar ein, um die »Titan« zu lokalisieren. Es sei bereits eine Fläche von rund 26 000 Quadratkilometern abgesucht worden, teilte die US-Küstenwache mit. Das ist größer als Mecklenburg-Vorpommern.

Unterwegs in die Region ist derzeit auch ein Gerät zur Bergung des U-Boots von der US-Navy: Das Tiefsee-Bergungssystem Fadoss soll in der Nacht zum 21. Juni (Ortszeit) in St. Johns im kanadischen Neufundland ankommen und dann weiter auf den Ozean transportiert werden. Die Navy beschreibt es als »tragbares Schiffshebesystem, das eine zuverlässige Tiefsee-Hebekapazität von bis zu 27 Tonnen für die Bergung großer, sperriger und schwerer versunkener Objekte wie Flugzeuge oder kleine Schiffe bietet«. Es kann mit seiner Winde und Seil auf Schiffen installiert werden. Eine Rettung – ob nun mit Fadoss oder anderweitig – kann aber erst angegangen werden, wenn das Boot lokalisiert ist. (dpa/doe)

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