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News: Ein erster Blick auf das fehlende Neutrino?

Von den zwölf Elementarteilchen, von denen man annimmt, daß sie die gesamte Materie des Universums bilden, sind elf bereits experimentell nachgewiesen. Und möglicherweise haben Physiker das letzte - das Tauon-Neutrino - auch schon am Schlafittchen. Wenigstens drei dieser exotischen Teilchen haben anscheinend ihre Spuren in einem Detektor des Fermilab hinterlassen. Doch die Forscher wollen erst noch mindestens sieben weitere Neutrinos beobachten, bevor sie die Champagnerkorken knallen lassen.
Neutrinos sind berüchtigt dafür, sich schwer nachweisen zu lassen – sobald eines im Labor entstanden ist, entwischt es flott durch den Tisch, den Planeten, ja durch einen Großteil des Universums. Drei Formen des widerspenstigen Teilchens sind zu unterscheiden: das Elektron-Neutrino, das Myon-Neutrino und das Tauon-Neutrino (auch Tau-Neutrino genannt). Mit den Jahren sind die Wissenschaftler zu wahren Routiniers geworden, wenn es darum geht, Elektron- und Myon-Neutrinos aufzuspüren, doch niemand hat je einen Tauon-Neutrino detektieren können.

Trotzdem sind sich die Physiker ziemlich sicher, daß das Tauon-Neutrino existiert. So legte zum Beispiel ein kürzlich in Japan durchgeführtes Experiment nahe, daß Myon-Neutrinos, die in der oberen Atmosphäre entstehen und durch die Erdkugel wandern, sich in Tauon-Neutrinos umwandeln und dadurch nicht entdeckt werden können. Um diesen Identitätswandel zu bestätigen, werden künftige Experimente darauf gerichtet sein, die Tauon-Neutrinos direkt nachzuweisen. Deshalb "ist es äußerst wichtig zu bestätigen, daß man Tauon-Neutrinos zunächst einmal wirklich 'sehen' kann", erklärt Carl Albright, Physiker am Fermi National Accelerator Laboratory (Fermilab) und der Northern Illinois University in DeKalb.

Während des sogenannten DONUT-Experimentes wird ein dichter Protonenstrom aus dem Tevatronbeschleuniger des Fermilab auf ein Ziel aus Wolfram gerichtet. Allerdings entsteht nur bei weniger als einer von 10 000 Kollisionen ein Tauon-Neutrino. Um diese seltenen Partikel aufzuspüren, errichtete das Team neben dem Kollisionsbereich einen Stapel aus dünnen, mit einer Bromsilber-Emulsion beschichteten Platten. Wenn ein Tauon-Neutrino sich durch diese Platten arbeitet, besteht eine winzige Chance, daß es auf ein Atom stößt und dabei ein Tauon bildet. Dieses Tauon würde dabei eine millimeterlange Spur in der Emulsion hinterlassen, bevor es zu einem anderen Teilchen reagiert. Und tatsächlich fanden die Wissenschaftler etwas, das wie die Spuren von drei Tauon-Neutrinos aussah. Lundbergs Aussagen zufolge, besteht nur eine geringe Wahrscheinlichkeit, daß es sich um die Hinterlassenschaften irgend eines anderen Teilchens handeln könnte.

"Ich halte es für sehr wahrscheinlich, daß [ihre Beobachtungen] korrekt sind", sagt Hywel White, Neutrino-Experte vom Los Alamos National Laboratory. "Jeder glaubt an die Existenz des Tau-Neutrinos, aber man muß sie halt experimentell nachweisen können."

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