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News: Ein scharfer Strahl aus dem Plasma

Momentan müssen Wissenschaftler sich noch entscheiden: Wollen sie von Molekülen scharfe Schnappschüsse mit atomarer Auflösung oder bewegte Bilder, die allerdings nur grobe Strukturen erkennen lassen. Beide Wünsche gleichzeitig könnte erst ein Röntgenlaser erfüllen, doch der ist noch nicht in Sicht. Möglicherweise ließe sich aber gebündeltes kohärentes Röntgenlicht aus einem Plasma gewinnen, das mit längerwelligem Laserlicht beschossen wird. In den ersten Versuchen lieferte dieses neue Verfahren nach Anregung mit infrarotem Licht schon UV-Licht mit der dreifachen Frequenz.
Trifft gewöhnliches Laserlicht auf ein Elektron, so wird es gestreut, aber ansonsten bleibt es im Wesentlichen unverändert. Nur wenn die Lichtintensität ausreichend hoch ist, um das Elektron mit jedem Laserpuls fast auf Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen, "geschehen alle möglichen interessanten Dinge", sagt Donald Umstadter von der University of Michigan in Ann Arbor. Zu dieser Erkenntnis kam er mit seinen Kollegen vor zwei Jahren, als die Forscher ein Gas mit Laserlicht von einer bestimmten Frequenz beschossen. Die Detektoren registrierten überaschenderweise noch weitere Frequenzen in dem gestreuten Licht – ganzzahlige Vielfache der Ausgangsfrequenz. Das Auftreten dieser so genannten Harmonischen ist ein typisches Anzeichen für nichtlineare Streuung.

Seit vielen Jahren schon untersuchen Wissenschaftler die Bildung der Harmonischen. In den meisten anderen Experimenten sind die Elektronen dabei an Atome gebunden, und die kombinierten Felder der Atomkerne und des Lasers bewirken das nichtlineare Verhalten. Umstadters Gruppe ionisierte das Gas dagegen zuerst, so dass diesmal freie Elektronen die Harmonischen emittierten. Wenn die Elektronen fast mit Lichtgeschwindigkeit durch den Raum rasen, wirkt das magnetische Feld des Lasers ebenso stark auf sie wie sein elektrisches Feld. Beide zusammen zwingen die Teilchen auf eine achtförmige Bahn, wobei die Elektronen in bestimmte Winkel die frequenzvervielfachte Strahlung aussenden.

In ihrem neuesten Versuch beschossen die Physiker Proben aus Wasserstoff oder Helium mit zwei Laserpulsen von nur 400 Femtosekunden (4*10-13 Sekunden) Dauer, die eine Wellenlänge von 1053 Nanometern und eine Intensität von 1017 Watt pro Quadratzentimete hatten. Der erste Lichtstoß ionisierte die Atome, woraufhin der zweite Puls deren Elektronen beschleunigte und zum Aussenden der Harmonischen angeregte. Die Detektoren zeigten eine kohärente ringförmige dritte Harmonische von 351 Nanometern Wellenlänge an (Physical Review Letters vom 12. Juni 2000). Das ultraviolette Licht breitete sich fast in die gleiche Richtung aus wie das infrarote Licht des anregenden Lasers – die Abweichung betrug lediglich sechs Grad. Umstadter und seine Kollegen glauben, das die dritte Harmonische ein wenig langsamer durch das Gas wandert als der Laserstrahl. Dadurch sind die beiden Wellentypen in Phase, und die Elektronen im Plasma emittieren ihre Photonen synchron.

Nach der Theorie sollten höhere Harmonische, die auf diese Weise erzeugt werden, sogar intensiver sein als niedrige Harmonische – umgekehrt, als es üblich ist. Im Prinzip lassen sich damit also auch viel höhere Frequenzen erreichen, meinen die Forscher. Aber zunächst möchten sie mehr erfahren über das noch weitgehend unbekannte Wechselspiel zwischen Licht und Elektronen unter den extremen Bedingungen ihrer Experimente.

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