Direkt zum Inhalt

News: Ein Schock für zehn Millionen Atome

Das Modell beschreibt nur, was innerhalb einer Milliardstel Sekunde in einem Würfel von wenigen Millionstel Metern Kantenlänge abläuft, wenn er gegen eine starre Wand geworfen wird. Dennoch sind für die Berechnungen moderne Parallelrechner notwendig. Die Simulation der Abläufe könnte aber fast die bislang tiefe Kluft zwischen Theorie und experimenteller Beobachtung schließen.
In einem Artikel, der am 26. Juni 1998 in Science veröffentlicht wurde, beschreiben Forscher des Los Alamos National Laboratory die dreidimensionale Simulation einer Schockwelle, welche einen idealen Metallkristall aus zehn Millionen Atomen durchläuft. "Wir sind jetzt in einem Stadium, in dem unsere Simulationen der Molekulardynamik so weit fortgeschritten sind, so daß wir Experimentalforschern ernsthafte Führung bieten können," sagte der Physiker Brad Holian. "Wir sind an der Schwelle, an der Experiment und Technik zusammengeführt werden, um so Einsichten in die grundlegende Physik des Materials zu gewinnen."

Holian und sein Kollege Peter Lomdahl werfen eine idealisierte kubische Struktur gegen einen – wie sie es nennen – "Impulsspiegel", der eine Schockwelle entlang den internen Gitterpunkten des Kristalls sendet. Die Atome reagieren darauf entsprechend Newtons Bewegungsgleichungen. Das Modell zeigt, wie die Atome entlang bevorzugter Winkel zur Kristallfläche gleiten. Läßt die Spannung nach, so sind Verschiebungen der Schichten um eine Atomlage zu erkennen. Bei leichten Abweichungen verläuft der Schock entlang von vier Ebenen, was kubische Verwerfungslinien zurückläßt.

Während frühere Berechnungen nur eine winzige Ecke eines Würfels modellierten und Hinweise auf eine einzige Verwerfung lieferten, repräsentiert das neue Modell eine Querschnittsfläche, die groß genug ist, um das wirkliche Muster der Verschiebungen zu sehen.

Fortschritte in der Rechenleistung und der kürzlich in Los Alamos entwickelte Algorithmus zur Molekulardynamik haben große 3-D-Simulationen möglich gemacht. Aber sogar mit den verfügbaren massiv parallelen Rechnern stellt das aktuelle Modell nur weniger als eine Nanosekunde einer Welle dar, die einen Würfel mit einem Durchmesser von ein paar Millionstel Metern durchdringt. Trotzdem bringen die Berechnungen Theorie und Praxis einen Schritt näher zusammen.

"Wir haben perfekte Kristalle gesehen und gezeigt, daß sie auf diese interessante Weise fließen, wenn die Stoßstärke über einem Schwellenwert liegt", sagte Holian. "Wir haben gezeigt, daß bereits vorhandene Defekte die Verschiebungen auslösen und verursachen können. Nun müssen wir Modelle mit Proben ablaufen lassen, die mit Korngrenzen und unterschiedlichen Orientierungen hergestellt wurden, welche mit verschiedenen Geschwindigkeiten, Richtungen und Plastizitätsveränderungen reagieren."

Alle Berechnungen zur Molekulardynamik wurden auf einem SUN Microsystems 12 Node Ultra Enterprise 4000-System mit 3 Gigabyte Speicher durchgeführt.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.