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Geologie: Eine Erdatmosphäre wie bei der Venus

Die Erdatmosphäre vor 2,7 Milliarden Jahren bestand zu rund 70 Prozent aus Kohlendioxid. Das haben Forscher mit Hilfe fossiler Mikrometeoriten herausgefunden.
Mikrospherulen kosmischen Ursprungs

78 Prozent Stickstoff, 21 Prozent Sauerstoff, weniger als ein Prozent Argon und dann noch ein paar Spurengase: Daraus besteht die Lufthülle der Erde heute. Früher jedoch waren die Bedingungen deutlich unwirtlicher und ähnelten eher den derzeitigen auf unserem Nachbarplaneten Venus. Wie es vor rund drei Milliarden Jahren aussah, will nun ein Team um Owen Lehmer von der University of Washington in Seattle herausgefunden haben.

Aufschluss über die Zusammensetzung der frühen Erdatmosphäre haben Überreste von Mikrometeoriten geliefert, die sich in 2,7 Milliarden Jahre alten Sedimentgesteinen aus der Pilbara-Region in Australien befanden. Dort sammelten die Forscher Bruchstücke von Kalkstein ein. Sie lösten sie in Säure auf, um winzige Kügelchen aus Eisenoxid herauszulösen, die Mikrospherulen.

Aus der chemischen Analyse dieses Materials schließt das Wissenschaftlerteam, dass sie als metallische Mikrometeoriten mit hoher Geschwindigkeit in die Erdatmosphäre eintraten und dort durch Reibung stark erhitzt wurden. Dadurch schmolzen sie in Sekundenbruchteilen auf und reagierten mit den Gasen der Erdatmosphäre. Die Temperaturen waren so hoch, dass Kohlendioxid mit dem metallischen Eisen reagierte und es in unterschiedliche Eisenoxide umwandelte, wie die Forscher in »Science Advances« berichten.

Mikrospherulen kosmischen Ursprungs | Aus 2,7 Milliarden Jahre alten Kalksteinen der Pilbara-Region in Australien wurden diese Mikrospherulen herausgelöst. Sie sind Überreste von Mikrometeoriten, die beim rasanten Durchflug durch die Erdatmosphäre aufgeschmolzen wurden.

Sollten sich diese Untersuchungen durch weitere Analysen von Mikrospherulen bestätigen lassen, so würde dies die Annahmen über die archaische Erdatmosphäre präzisieren. Definitiv bekannt ist bislang nur, dass die irdische Lufthülle zu jener Zeit so gut wie keinen Sauerstoff enthielt. Das lässt sich anhand alter Sedimentgesteine ableiten, die zeigen, dass sich ihre Minerale unter chemisch reduzierenden Bedingungen – also ohne die Einwirkung von Sauerstoff – gebildet haben.

Damit aber die Mikrometeoriten oxidiert werden konnten, müssen sie mit Kohlendioxid reagiert haben. Dies geschieht am effizientesten, wenn die Erdatmosphäre zu 70 Prozent aus Kohlendioxid besteht – was wohl damals der Fall war, wie Modellierungen am Computer ergaben.

Vor 2,7 Milliarden Jahren waren in den Ozeanen – auf den Kontinenten gab es noch kein Leben – schon Mikroorganismen aktiv, die durch Fotosynthese Sauerstoff freisetzten, der aber von den im Meerwasser gelösten Eisenionen abgefangen wurde. Diese oxidierten weiter und wurden zu schwerlöslichen Eisenoxiden und Eisenhydroxiden, die als rötlicher Schlamm ausfielen und auf den Meeres­boden sanken. Erst als der größte Teil des gelösten Eisens aus dem Meerwasser durch fortwährende Sedimentation verschwunden war, konnte sich Sauerstoff in der Erdatmosphäre in großer Menge ansammeln.

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