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News: Eine saubere Sache

Eine Jülicher Gruppe von Wissenschaftlern hat ein besonders umweltschonendes Verfahren entwickelt, um reines Wasser zu gewinnen. Dieses sogenannte Reinstwasser wird in vielen Speziallabors, aber auch für die Halbleiterfertigung, in der Elektronikindustrie, in der Medizin für Injektionszwecke und in Dialysestationen, in der Oberflächentechnik als hochreines Spülmedium sowie in Chemie und Pharmazie zur Synthese und Spurenanalytik verwendet. Auch bei der Luftbefeuchtung von Reinsträumen in der Klimatechnik spielt Reinstwasser eine große Rolle. Der Bedarf an Reinstwasser beträgt dabei von weniger als 100 Liter bis zu mehr als 100 Kubikmetern pro Stunde.
Man sollte annehmen, das Herstellen von reinem Wasser sei eine saubere Sache. Doch weit gefehlt: Bei herkömmlichen Verfahren werden mit Hilfe von lonenaustauscherharzen die unerwünschten Salze zunächst aus dem Wasser entfernt. Ein Liter Harz reicht dabei gerade aus, um etwa 50 Liter voll entsalztes Wasser herzustellen. Das Harz wird anschließend gereinigt, wobei Salzsäure und Natronlauge zum Einsatz kommen. Weiterhin werden bei den erforderlichen Spülvorgängen 11 Liter Abwasser produziert. In der Summe bedeutet das: Um Reinstwasser herzustellen, werden pro Jahr allein in Deutschland ca. 2.500 m3 Harz chemisch regeneriert. Diese Zahlen zeigen, daß reines Wasser zur Zeit leider keine saubere Sache ist.

Im Institut für Angewandte Physikalische Chemie des Forschungszentrums Jülich wurde daher ein neues elektrochemisches Verfahren entwickelt, das ohne Chemikalien und mit geringem Energieeinsatz Wasser zuverlässig entsalzt und von lebenden Keimen befreit. Die von Dr. Herbert Neumeister, Dipl.-lng. Leander Fürst und Reinhold Flucht entwickelte Pilotanlage hat im kontinuierlichen und störungsfreien Dauerbetrieb mit nur einem Liter Harz 2,4 Millionen Liter Reinstwasser erzeugt und dabei etwa 10 Kilogramm Salz abgetrennt.

Das Geheimnis des Verfahrens liegt in der Elektrochemie: Ein elektrisches Feld sorgt in den beiden Austauscher-Harzen dafür, daß die im Harz "eingefangenen" Ionen (positiv oder negativ geladene Bestandteile der Salze) durch das Harz in eine Konzentratkammer wandern. Die Konzentratkammer wird durch spezielle Membranen begrenzt. Die Kationenaustauschermembran (KM) sorgt dafür, daß die positiv geladenen Ionen zwar in diese Kammer hinein gelangen, aber nicht mehr zurück in den mit Harz gefüllten Raum dringen können. Die Anionenaustauschermembran (AM) bewirkt für die negativ geladenen Ionen das gleiche.

Einen kleinen Nachteil galt es bei dieser Versuchsanordnung zu lösen: Durch das Verfahren entstehen Wasserstoff und Sauerstoff, die eventuell Knallgas bilden könnten. Aber auch hier fanden die Jülicher Wissenschaftler eine Lösung: Durch eine weitere einfache Anordnung werden die Gase abgetrennt und an einer platinierten Oberfläche völlig gefahrlos wieder zu Wasser vereint.

Alle Bau- und Funktions-Prinzipien dieses neuen Verfahrens wurden durch Patente geschützt. Mehrere deutsche Firmen erwarben daraufhin die Lizenzrechte. Vergleichbare Anlagen werden zur Zeit nur durch US-Firmen produziert und verkauft. Durch die europäische Konkurrenz, so hoffen die Forscher, werden Reinstwasseranlagen in Zukunft auch für kleine Labors erschwinglich werden.

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