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Bildgebende Verfahren: fMRT-Scans taugen nicht als Biomarker für Krankheiten

Eine Forschungsgruppe hat untersucht, wie verlässlich verbreitete Maße der funktionellen Magnetresonanztomografie Unterschiede in der Hirnaktivität erfassen. Das Fazit ist ernüchternd.
Frau in einem Magnetresonanztomografen

Mit so genannten Hirnbiomarkern will man vorhersagen, welche Menschen wie wahrscheinlich eine bestimmte Krankheit entwickeln. Das funktioniert natürlich nur, sofern man die Marker überhaupt verlässlich bestimmen kann. Bei Hirnscans mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) gelingt das bislang nicht, wie ein Team um Hirnforscher Ahmad Hariri von der Duke University in Durham jetzt berichtet.

fMRT-Aufnahmen bilden den Sauerstoffgehalt im Blut ab. Sie machen auf diese Weise sichtbar, wie sich die Durchblutung von Hirnarealen verändert, während man etwas tut, zum Beispiel einen Ton hört oder ein Bild betrachtet. Ein vermehrter Blutfluss zeigt an, dass der Stoffwechsel ansteigt, und das zeigt wiederum, dass die Nervenzellen aktiv sind. Auf typischen Hirnscans wird die vermehrte Hirnaktivität in Form von gelb-roten Flecken dargestellt.

Um die Qualität solcher Messungen zu überprüfen, sichtete die Gruppe um Hariri mehr als 90 Experimente. Die fMRT-Daten der gut 1000 beteiligten Versuchspersonen erreichten mit im Schnitt rund 0,40 eine sehr geringe Zuverlässigkeit (in der Fachsprache: Reliabilität), eines der zentralen Kriterien für die Testgüte. Der Wert liegt zwischen 0 und 1 und gibt an, wie stark zwei oder mehr Messungen an derselben Person unter gleichen Bedingungen übereinstimmen – eine logische sowie mathematische Voraussetzung dafür, dass die erhobenen Maße überhaupt auch messbar mit anderen Größen zusammenhängen können. Wie die Forscher feststellten, erwiesen sich die Messungen in mehr als jedem zweiten Fall als wenig reliabel und nur in jedem fünften als hoch reliabel (mehr als 0,75). Sie fanden außerdem kaum Hinweise darauf, dass diese Werte von der Art oder Dauer der Aufgaben oder der Zeitspanne zwischen den Messungen abhingen.

Im zweiten Teil ihrer Arbeit untersuchte das Team um Hariri die Zuverlässigkeit der fMRT-Daten im Human Connectome Project sowie der Dunedin-Studie, wobei die Messungen einen längeren Zeitraum von durchschnittlich 140 beziehungsweise rund 80 Tagen umfassten. Bei den elf Aufgaben, die die Probanden im Hirnscanner erledigten, lag die so genannte Retest-Reliabilität im Schnitt unter 0,50 und somit, wie die Forscher schreiben, »weit entfernt vom empfohlenen Mindestmaß für die klinische Anwendung von 0,80«. Zum Vergleich: Anatomische Messdaten etwa zur Dicke der Großhirnrinde waren mit einer Reliabilität von mehr als 0,90 in beiden Studien »exzellent«.

»Diese Befunde zeigen, dass verbreitete aufgabenspezifische fMRT-Maße derzeit nicht geeignet sind, um individuelle Unterschiede mittels Hirnbiomarkern abzubilden«, urteilt die Gruppe. Ursprünglich habe man die Hirnaktivität während einer Tätigkeit per fMRT aufgezeichnet, um durchschnittliche Werte zu ermitteln und so auf Funktionsprinzipien des Gehirns zurückzuschließen; ein robustes Verfahren, da sich Messfehler über viele Versuchspersonen mittelten. Doch dann habe man die Methode auch eingesetzt, um Unterschiede in der Hirnaktivität zwischen Menschen zu erfassen – und in diesem Fall beeinträchtigten die zufälligen Schwankungen die Zuverlässigkeit. »Nicht das Werkzeug selbst ist problematisch«, schreiben die Autoren abschließend, »sondern wie es angewendet wird.«

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