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Galaxien: Galaktischer Crash und Sternengeburten

Nicht jeder Zusammenstoß ist zerstörerisch. Bei der Kollision von Galaxien wirkt die Wucht des Aufpralls als Initialzündung für die Entstehung zahlreicher neuer Sterne. Besonders im Heckwasser der massereichen Schwarzen Löcher in den Zentren der Systeme, die sich allmählich aufeinander zu bewegen.
Kollidierende Galaxien
Am Anfang war das Gas. Mehr Material gab es vor Milliarden Jahren nicht, um Galaxien zu bilden. Doch das war genug, um im Spiel von Gravitation und Fliehkraft erste kurzlebige Sterne zu bilden, die in gewaltigen Explosionen neue Elemente freisetzten, aus denen nachfolgende Generationen von Sternen und endlich auch Planeten hervorgehen konnten.

Innerhalb von Milchstraße, Andromedanebel und Co herrscht seit ihrer Geburt diese Dynamik der sich immer wieder flexibel wandelnden und umformenden Materie. Nur eines bleibt in ihnen bei allen Wandel stets gleich: Die Gesamtmenge der galaktischen Materie. Und daher bedarf es, um aus kleinen Galaxien große zu machen, eines Nachschublieferanten, der genügend Gas, Staub, Gesteinsbrocken und Sterne im Angebot hat: einer anderen Galaxie.

Um zu wachsen, müssen Galaxien in einem galaktischen Crash miteinander verschmelzen, dessen krönender Abschluss darin besteht, dass die zentralen Schwarzen Löcher der Unfallgegner ineinander stürzen. Genau so etwas können dann auch irdische Astronomen mit starken Teleskopen live am Himmel beobachten – etwa im Sternbild Schlangenträger. Dort besteht die Galaxie NGC 6240 eigentlich aus zwei Galaxien, die einander durchdringen und miteinander verschmelzen. Ein willkommenes Labor zum Studium der galaktischen Evolution. Mit einem Nachteil: NGC 6240 ist etwa 300 bis 400 Millionen Lichtjahre entfernt – selbst große Fernrohre liefern nur wenig detailreiche Bilder.

Den bislang schärfsten Blick auf das Geschehen haben nun Wissenschaftler um Claire Max vom Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien geworfen. Sie nutzten gleich mehrere Spitzenteleskope, die alle in bestimmten Wellenlängenbereichen ihre Stärken haben. So richteten sie das Weltraumteleskop Hubble für die Aufnahmen im sichtbaren Licht auf NGC 6240 aus, das Keck II-Teleskop auf Hawaii lieferte hochaufgelöste Infrarotbilder, der Satellit Chandra steuerte Röntgendaten bei und der Verbund von Radioteleskopen Merlin Messwerte im Langwelligen Bereich.

Eine interessante Kombination, die ebenso interessante Ergebnisse brachte. Denn schiebt man die Bilder übereinander, lassen sie sich nicht exakt zur Deckung bringen. Die hellsten Bereiche der Infrarotstrahlung liegen ein bisschen außerhalb der Zentren, von denen die Radio- und Röntgenwellen ausgehen. Letztere geben aber am zuverlässigsten die Positionen der Schwarzen Löcher an. Warum befinden sich die Haufen junger Sterne, die das Infrarotlicht aussenden, ein Stück versetzt hinter diesen?

Eine Kontrollmessung mit längerwelligem Infrarotlicht schloss die Lücke zwischen Schwarzem Loch und Sternenhaufen etwas. Denn diesmal waren die Zentren aller Wellenlängen am selben Ort zu finden. Was bedeutet, dass entweder die Gegend zwischen den beiden Schwarzen Löchern mit Staub vernebelt ist, der vor allem kurzwellige Infrarotstrahlung schluckt. Oder die Schwarzen Löcher wandern aufeinander zu, und neue Sterne bilden sich vor allem hinter ihnen in der gravitatorischen Heckwelle, die sie dabei durch den Raum ziehen. Eine Art leuchtender Schweif also, der in einigen hundert Millionen Jahren, wenn die Galaxien endgültig vereint sind, als funkelndes Zeugnis der Abläufe am Himmel stehen wird. Für all jene, die dann ein ausgezeichnetes Fernrohr haben.

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