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Gravitation: Goldkügelchen fühlen Newton auf den Zahn

Präzise Messungen kleinster Schwerkräfte sollen die Rätsel der Schwerkraft erhellen. Forscher hoffen, sich so langfristig an Effekte der Quantengravitation heranzupirschen.
Großaufnahme einer Torsionswaage mit einer beweglichen und einer stationären Masse.

Die Rätsel der Schwerkraft zeigen sich in Galaxien und Schwarzen Löchern – der Lösung allerdings nähern sich Fachleute nun mit winzigen Goldkügelchen. Mit diesen nämlich haben Forscher die bislang kleinste Gravitationswechselwirkung gemessen. Eine Arbeitsgruppe um Tobias Westphal vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) hat dazu die Kraft zwischen zwei lediglich 91 und 92 Milligramm schweren Kugeln experimentell bestimmt. Wie das Team in »Nature« berichtet, nutzte es ein Torsionspendel, dessen Schwingungseigenschaften sich messbar änderten, wenn die winzige Testmasse der zweiten Masse am Pendelarm näherkam und sich wieder entfernte. Die Ergebnisse entsprechen dem, was die newtonsche Gravitationsgleichungen vorhersagen. Allerdings geht die Arbeitsgruppe davon aus, dass diese Messungen noch weit genauer werden können.

Ziel solcher Experimente ist einerseits, zu überprüfen, ob die Gesetze der Schwerkraft auch auf extrem kleinen Skalen noch gelten. Das könnte langfristig dazu beitragen, die vielen Rätsel dieser Naturkraft zu lösen. So ist die Gravitationskonstante die bisher am wenigsten genau bestimmte Kennzahl der fundamentalen Naturkräfte. Doch auch sehr fundamentale Fragen sind ungeklärt, zum Beispiel, warum die Schwerkraft so unfassbar viel schwächer ist als die anderen Naturkräfte. So ist die Schwerkraft um etwa 36 Größenordnungen schwächer als die elektromagnetische Kraft.

Abweichungen von den Vorhersagen der newtonschen und einsteinschen Gleichungen könnten womöglich neues Licht auf die Dunkle Materie werfen, hoffen manche Experten. Sie bestreiten die Existenz der rätselhaften Substanz – und möchten die vermeintlichen Indizien dafür lieber durch subtile Veränderungen der Gravitation erklären. Mit Glück könnten Präzisionsexperimente im Labor auch Hinweise auf das Wesen der ominösen Quantengravitation liefern. So nennen Physiker jene hypothetische Synthese aus Relativitätstheorie und Quantenphysik, die etwa im Inneren von Schwarzen Löchern zum Tragen kommen könnte.

Auf der Erde ließen sich am ehesten Hinweise auf dieses Regelwerk finden, wenn man die Schwerkraft zwischen Quantenobjekten mit winzigen Massen misst. Zum Beispiel miteinander verschränkte Systeme oder solche, bei denen der Impuls – und damit die Masse – dank der Unschärferelation unbestimmt ist. Bis dahin allerdings ist es noch ein weiter Weg. Zwar gehen Westphal und sein Team davon aus, in Zukunft die Gravitation zwischen Objekten mit nur wenigen Mikrogramm Masse messen zu können – doch die heute messbaren Quanteneffekte betreffen Objekte, die noch einmal zigmillionenfach leichter sind.

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