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News: HIV einmal als Helfer

Einige Krankheiten werden von Fehlern im Erbgut bestimmter Zellen verursacht und könnten mit einer entsprechenden Gentherapie behandelt werden. Doch manchmal ist es nicht leicht, ein gesundes Gen in die Zielzelle zu bringen. Menschliche Blutstammzellen stellen die Wissenschaft zum Beispiel vor dieses Problem. Eine amerikanische Arbeitsgruppe hat jetzt erfolgreich ein verkrüppeltes HI-Virus genutzt, um DNA in solche Zellen zu befördern.
Als "Vektor" bezeichnen Gentechniker DNA-Stücke, mit deren Hilfe sie Gene in eine Zelle einbringen, wo sie vermehrt und abgelesen werden. Dabei hat jeder Vektor seine spezifischen Vor- und Nachteile, die ihn für die ein oder andere Aufgabe brauchbar oder ungeeignet machen.

Ein beliebter Vektor sind Retroviren, deren Erbmaterial in Form von RNA vorliegt, die erst in der Zelle von einem viralen Enzym in DNA umgeschrieben wird. Sie wurden unter anderem oft bei Arbeiten mit hämatopoetische Stammzellen eingesetzt. Aus diesen Zellen gehen die einzelnen Zelltypen des Bluts und des Knochenmarks hervor. Ein Fehler in ihrem Erbmaterial kann daher Krankheiten wie Sichelzellenanämie, Hämophilie und verschiedene Krebsarten verursachen. Dementsprechend bieten sich die hämatopoetischen Stammzellen für eine Gentherapie an.

In Versuchen an Mäusen ist es schon mehrmals gelungen, Gene in die blutbildenden Stammzellen einzubringen. Bei Zellen von größeren Tieren und Menschen sind derartige Experimente bislang fehlgeschlagen. "Das kommt vielleicht daher, daß die menschlichen Stammzellen in einem Ruhestadium sind, sich also nicht aktiv teilen", sagt Hiroyuki Miyoshi vom Scripps Research Institute.

Zusammen mit seinen Kollegen benutzte er als Vektor deshalb eine verkrüppelte Version des HI-Virus. "Der HIV-basierte Vektor ist insofern einzigartig, als daß er die Fähigkeit hat, in den Kern von Zellen in Ruhephase zu gelangen, die sich also nicht teilen", erklärt Inder Verma vom Salk Institute for Biological Studies. Die veränderten menschlichen Stammzellen transplantierten die Forscher dann in Mäuse. Mindestens fünf Monate lang – eine lange Zeit im Leben einer Maus – überlebten die Zellen in den Tieren. Währenddessen bildeten sie ständig ausdifferenzierte Zellen (Science vom 29. Januar 1999).

Schon früher war es gelungen, Gene in Stammzellen einzuschleusen, allerdings nur in Gegenwart von Cytokinen, hormonähnlichen Substanzen, welche die Entwicklung der Stammzellen beeinträchtigen können. Mit den Ergebnissen der neuen Studie dagegen ist nach Meinung der Forscher ein Weg gefunden, "Gene in nahezu alle Zelltypen des Körpers zu bringen."

Die Wissenschaftler gehen davon aus, daß der HIV-Vektor keine Gefahr darstellt. Trotzdem haben sie noch stärker verkrüppelte Versionen produziert. Wenn es nur nach ihnen ginge, fingen die ersten klinischen Tests noch dieses Jahr an.

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