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Ur-Ökosysteme: Kein Mangel auf der frühen Erde

Schon vor drei Milliarden Jahren beherrschten Mikroben einen der wichtigsten biochemischen Tricks: die Ernte von Stickstoff.
Cyanobakterien-Blüte in der Ostsee

Proben uralter Gesteine in Westaustralien und Südafrika zeigen, dass das Leben seinen womöglich wichtigsten Trick schon eine Milliarde Jahre länger beherrscht als bisher gedacht. Schon vor über drei Milliarden Jahren haben Organismen den Stickstoff der Luft aufgebrochen und in eine verwertbare Form gebracht – eine Fähigkeit, die Forscher bisher nur ihren entfernten Nachkommen zugetraut hatten. In den bis zu 3,2 Milliarden Jahre alten Ablagerungen fanden die US-Forscherin Eva Stüeken und ihre Kolleginnen Stickstoff mit einem ungewöhnlichen Isotopenverhältnis. Die Mengen der unterschiedlich schweren Atome weisen darauf hin, dass das Element nur aus biologischer Produktion stammen kann. Damit stand bereits den frühesten Ökosystemen reichlich Stickstoff zur Verfügung, so dass sich das Leben auf der Erde schon viel früher ungehemmt ausbreiten konnte als bislang vermutet.

Ohne Stickstoff gäbe es kein Leben, wie wir es kennen: Proteine enthalten ihn in ihrem Peptidgerüst, und das Erbmolekül DNA besteht sogar zu 17 Prozent aus dem Element. Das Problem: Stickstoff ist zwar das häufigste Element der Atmosphäre, in dieser Form ist es für Lebewesen aber nicht nutzbar. Damit die Biosphäre wirklich florieren konnte, mussten ihre Mitglieder erst lernen, die gut verwertbaren stickstoffhaltigen Ammoniumionen selbst herzustellen. In den insgesamt 52 Bodenproben aus Australien und Südafrika fanden Stüeker und ihr Team eine sehr gewöhnliche und zugleich untypische Verteilung der Stickstoffisotope: Sie entspricht ziemlich präzise jener der Atmosphäre. Das klingt zwar unspektakulär, aber es bedeutet, dass dieser Stickstoff nur durch Lebewesen aus der Atmosphäre geholt worden sein kann – er enthält merklich mehr des leichten 14N als Stickstoff, der rein chemisch in der Atmosphäre entstand und dadurch etwas an 15N angereichert ist.

Das Leben vor mehr als drei Milliarden Jahren, vermuten die Forscherinnen deswegen, war deutlich weiter verbreitet als in den kleinen Nischen, die wir jenen frühen Ökosystemen bisher zugestanden haben. Doch wenn Stickstoff in hinreichender Menge zur Verfügung stand, gibt es keinen Grund, weshalb Einzeller nicht schon damals den ganzen Planeten besiedelt haben sollten. Die fossilen Belege sprechen dafür: Die Proben stammen aus Sedimenten, die über 450 Millionen Jahre von Flüssen und Seen der Küste bis hinunter zum äußeren Schelf reichten. Sie alle zeugen von der Gegenwart des Lebens.

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