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Instabiles Erdsystem: Klima-Wippe in der Dinosaurierzeit

Astronomische Einflüsse verursachten auffällige Schwankungen in der Kreidezeit - dachte man bisher. Eine neue Studie zeigt: Auch die Ozeane können das Weltklima kippen lassen.
Sonnenaufgang aus dem All über dem vom Ozean eingenommenen Horizont.

Regelmäßige Klimaschwankungen, die man bisher auf Veränderungen der Erdbahn zurückgeführt hatte, gingen wohl auf die Kapriolen des jungen Nordatlantiks zurück. Zu dieser Schlussfolgerung kommt ein Team um Klaus Wallmann vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Meeresforschung in Kiel. Die Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit der Ursache für einen auffällig regelmäßigen Zyklus von etwa 40 000 Jahren, der in der Kreidezeit vor etwa 95 Millionen Jahren das Weltklima bestimmte und bis heute feststellbare Muster in Gesteinen aus jener Zeit hinterließ.

In einer Simulation von Klima und Ozeanen in der damaligen Anordnung zeigt sich, dass der weitgehend isolierte Nordatlantik zwischen zwei Zuständen schwankte: In der einen Phase war das Meer gut durchlüftet, in der anderen Phase ähnelte es dem heutigen Schwarzen Meer, seine unteren Schichten enthielten keinerlei Sauerstoff, sondern den giftigen Schwefelwasserstoff. Dieses Wechselspiel wiederum bestimmte, wie viel Plankton in anderen Meeresgebieten leben konnte. Der Nordatlantik steuerte dadurch den Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre – und damit das Klima.

Die besondere Anordnung von Ozeanen und Kontinenten in der Kreidezeit machte dieses Wechselspiel möglich, berichtet die Arbeitsgruppe in »Nature Geoscience«. Der Superkontinent Pangäa war bereits weitgehend in die heutigen Kontinente zerbrochen, die aber waren noch recht nah beieinander. Der Nordatlantik, der älteste und größte der neu entstandenen Ozeane, war deswegen ein isoliertes, von Landmassen und Flachwasserzonen umzingeltes Meeresbecken. Die dicht gedrängten Bruchstücke von Pangäa umgab wiederum der gigantische Superozean Panthalassa, fast so groß wie alle heutigen Ozeane zusammen. Dieses Weltmeer war sehr nährstoffarm, denn der größte Teil seiner Fläche war zu weit von Land entfernt, um durch Wind oder aus Flüssen damit versorgt zu werden.

Umgekehrt lieferten die Kontinente zahlreiche Nährstoffe in den Nordatlantik, der ein äußerst fruchtbares Meer war – dafür war seine Sauerstoffversorgung prekär, denn das reiche Leben verbrauchte viel von dem Gas, und von außen strömte nur wenig nach. Mit dem sauerstoffreichen Panthalassa entwickelte sich nun ein Wechselspiel, berichtet das Team von GEOMAR: Erhielt der Atlantik genug Sauerstoff von Panthalassa, enthielten seine oberen Schichten viel gelöstes Eisen aus den Ablagerungen am Meeresboden, das durch die umgebenden Flachwasserbereiche in den Panthalassa strömte. Eisen wiederum ist bis heute der knappste Nährstoff im Meer, und die gute Versorgung ließ auch im Panthalassa das Leben blühen. Das aber verbrauchte jenen Sauerstoff, der zuvor in den Nordatlantik geströmt war – und aus eigener Schuld von dem Gas abgeschnitten, kippte das Meer in seinen zweiten Zustand: Es wurde anoxisch.

Das wiederum hatte Auswirkungen auf das Leben in Panthalassa – denn nun blieb das Eisen im unteren Meeresbereich des Nordatlantiks gefangen und verband sich mit Schwefel. Die Produktivität im Weltmeer nahm ab. Damit gelangte aber nach und nach auch wieder mehr Sauerstoff in den Nordatlantik, und der Zyklus begann erneut. Im Modell der Fachleute erzeugt dieser Effekt Zyklen, die den Schwankungen der verschiedenen Erdbahnparameter ähneln – das belege, dass das Erdsystem nicht nur astronomische Zyklen verstärken, sondern selbst rhythmische Schwankungen hervorbringen könne. Womöglich gelte das auch für derartige Muster zu anderen Zeiten, schreibt das Team um Wallmann. Mögliche Beispiele gibt es genug. So führt man einen 40 000 Jahre messenden Kalt-warm-Zyklus zu Beginn des Eiszeitalters sowie den Wechsel auf einen 100 000 Jahre-Zyklus bisher meist auf die Erdbahnparameter zurück.

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