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News: Klimamodelle schlechter als ihr Ruf

Statistische Untersuchungen belegen: Trends wie die globale Erwärmung werden in Klimamodellen offenbar überschätzt.
Die gute Nachricht zuerst: Die globale Erwärmung ist offenbar nicht ganz so gravierend wie vielfach befürchtet. Dies bedeutet zwar keine Entwarnung von wissenschaftlicher Seite, zeigt aber, dass kein Anlass zu Panikreaktionen und übertriebener Hektik bei politischen Entscheidungen besteht.

Und nun die schlechte Nachricht: Klimamodelle sind weit schlechter als ihr Ruf. Sie reproduzieren die Gesetzmäßigkeiten des Wetters längst nicht so wie erhofft und spiegeln somit die tatsächlichen Entwicklungen nur unzulänglich wider.

In aufwändigen Untersuchungen haben Armin Bunde von der Universität Gießen und seine Mitarbeiter Computermodelle zur Klimaentwicklung getestet, die als Grundlage für Strategieentscheidungen in der Umweltpolitik dienen sollen und vor allem auch in der Debatte um den so genannten Treibhauseffekt eine zentrale Rolle spielen. Die Klimamodelle versuchen, nicht nur die Wetterentwicklung in der Vergangenheit zuverlässig zu reproduzieren, sondern auch - und das ist weitaus wichtiger - Prognosen für die Zukunft zu liefern.

Die Wissenschaftler untersuchten, ob die errechneten Daten mit einem von ihnen vor Jahren gefundenen Potenzgesetz in Einklang stehen. Es zeigten sich bei allen getesteten Klimamodellen deutliche Abweichungen.

Bei der Auswertung aller Daten von 14 Wetterstationen in Europa, Nordamerika und Australien über lange Zeit hinweg zeichnete sich ab, dass die Regelhaftigkeit des Wetters weit über die ersten sieben bis zehn Tage, der Dauer einer typischen Großwetterlage, in der das Wetter stabil ist, hinausreicht. Die Physiker fanden Gesetzmäßigkeiten im Temperaturverlauf, die sich weder mit den Jahreszeiten, noch mit dem Treibhauseffekt oder ähnlichen Phänomenen begründen ließen, und die Jahrzehnte, wenn nicht noch länger, andauern.

Dazu untersuchten die Wissenschaftler die Messreihen mit modernen Verfahren aus der Statistischen Physik. Mit verblüffenden Ergebnissen: Die Veränderungen der Temperatur über einen langen Zeitraum schienen korreliert zu sein. Dieser statistische Zusammenhang wird mit der Zeit nur überraschend langsam schwächer, und er gehorcht dabei einem mathematischen Gesetz, dem Potenzgesetz. Dieses im Rahmen der Chaostheorie aufgestellte Potenzgesetz galt für alle Messreihen der verschiedenen Wetterstationen in völlig unterschiedlichen Klimazonen, also unabhängig von lokalen klimatischen Bedingungen. Es zeigte sich: Die Erhaltungsneigung des Wetters nimmt überall auf die gleiche Weise allmählich ab.

Die Forscher haben in einer neuen Testreihe die sieben führenden Klimamodelle aus verschiedenen Ländern untersucht, deren Daten im Internet frei verfügbar sind und überprüften sie an Hand der Temperaturdaten von sechs Wetterstationen, die für die unterschiedlichen Klimazonen der Erde repräsentativ sind.

Dabei ging es den Physikern darum zu erfahren, ob die von den einzelnen Klimamodellen - allesamt vielschichtige Erweiterungen komplizierter Wettervorhersagungsmodelle - errechneten Klimadaten mit dem oben erwähnten Potenzgesetz in Einklang stehen. Nur dann nämlich, so ihre These, könnte von einer Zuverlässigkeit der Prognosen beziehungsweise einer Verlässlichkeit der Klimamodelle ausgegangen werden.

Die Klimamodelle zeigen eine Perspektive der globalen Erwärmung für einen Zeitraum von rund 100 Jahren auf. Sie überziehen die Erde mit einer Art Netz aus Knotenpunkten. Für die einzelnen "Knoten" werden die mittleren maximalen monatlichen Tagestemperaturen ermittelt und dementsprechend Vorhersagen gemacht. Dabei gehen die Modelle von jeweils zwei unterschiedlichen Szenarien aus: Im ersten Szenario werden lediglich die Treibhausgase, deren physikalische Effekte gut verstanden sind, in den Berechnungen mitgenommen.

Die unterschiedlichen Modelle sagen hier eine globale Erwärmung zwischen 1,5 und 4,5 Grad Celsius voraus. Ins zweite Szenario gehen neben den Treibhausgasen auch die Aerosole ein, deren Einfluss auf die Klimaentwicklung aber mit vielen Fragezeichen versehen ist. Unter anderem ist die globale Verteilung der Aerosole nur schwer zu prognostizieren. Die Modelle liefern hier eine etwas geringere Erwärmung der Atmosphäre von 1,5 bis 3 Grad Celsius. Denn während die Treibhausgase bekanntlich den Trend bewirken, dass die Temperaturen ansteigen, sorgen die Aerosole dafür, dass die Erwärmung niedriger ausfällt.

Die Experten, die nun die Temperaturdaten für die sechs verschiedenen Orte aus diesem Netz von Knotenpunkten interpoliert haben, sind zu enttäuschenden Ergebnissen gekommen. Die Persistenz des Wetters, so Bunde, werde in allen Klimamodellen deutlich unterschätzt. Trends dagegen - vor allem die globale Erwärmung - werden überschätzt.

Daran, dass es eine globale Erwärmung geben wird, besteht aber auch für Bunde und seine Kollegen kein Zweifel. Das Fazit ihrer jüngsten Forschungen lautet jedoch: Um zu einer realistischen Prognose zu gelangen, aus der sich auch politische Handlungsstrategien ableiten lassen, müssen die Klimamodelle noch stark verbessert werden.

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