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News: Korrigierter Genschalter

Eine seit 1992 bestehende Theorie über Genregulation und Genschalter in Hefen scheint überholt zu sein. Die Einzeller steuern ihre Energiegewinnung auf andere Weise, als bisher angenommen.
Um groß und stark zu werden, benötigen alle Organismen Energie, die sich am besten aus Kohlenhydraten gewinnen lässt. Besonders leicht zu knacken sind einfache Zuckermoleküle wie Glucose und das mit ihm verwandte und zum verwechseln ähnliche Galactose-Molekül.

Auch die uns zwar nicht äußerlich, dafür aber tief im Inneren ähnlichen Hefepilze nutzen den Zucker zur schnellen Energiegewinnung. Sparsam wie sie sind, liegen die hierfür nötigen Enzyme jedoch nicht permanent in der Zelle auf Abruf bereit, sondern werden erst bei Bedarf hergestellt. Ein Genschalter sorgt dafür, dass dann alle zum Abbauprozess essenziellen Proteine gleichzeitig in den Startlöchern stehen können: Steht er auf grün, werden alle entsprechenden Enzyme gebaut. Zeigt er jedoch rot, liegt die Produktion lahm.

Der für den Galactose-Abbau zuständige Genschalter besteht bei den Hefen aus drei Bestandteilen: den Proteinen GAL4p, GAL80p und GAL3p. Und diesen drei Proteinen schauten James Hopper und sein Team von der Pennsylvania State University genau bei der Arbeit zu, um hinter ihr Geheimnis zu kommen. Bislang galt der Zellkern als einzig möglicher Aufenthaltsort des Proteins GAL3p. Doch dies war ein Irrtum, wie der Doktorand Gang Peng aus Hoppers Arbeitsgruppe zeigen konnte. GAL3p kommt durchaus auch im Cytoplasma des Einzellers vor. Genauso neu ist der Bewegungsdrang des Proteins GAL80p; es fühlt sich ebenso an beiden Orten zuhause und kann sogar zwischen beiden Seiten hin und her wandern.

Nach neuesten Erkenntnissen kommt der Zuckerabbau nun auf folgende Art und Weise zustande: Zuerst taucht Galactose in der Zelle auf. Dann klinkt sich GAL3p in GAL80p ein und zieht das Protein aus dem Zellkern ins Cytoplasma. Dadurch öffnet sich die Aktivierungsstelle von GAL4p, an der zuvor das Protein GAL80p fest gebunden hatte. An die freie Aktivierungsstelle können sich nun Transcriptionsfaktoren niederlassen und die dahinter liegenden Gene ablesen – die alle zum Galactose-Abbau notwendig sind. Dem Zuckerabbau steht jetzt nichts mehr im Wege.

Liegt aber in dem filigranen Zusammenspiel ein Fehler vor, führt dies zu einer Anhäufung des Zuckers oder seiner Abbauprodukte in der Zelle. Eine Erkrankung ist die Folge. Beim Menschen etwa ist die so genannte Galactosämie bekannt, die ohne schnelle Entfernung der Galactosemoleküle aus der Ernährung zum Tode führen kann.

Hopper, Peng und ihre Kollegen widerlegen mit ihren Ergebnissen eine seit 10 Jahren gültige Theorie, die sowohl GAL3p als auch GAL80p immer im Zellkern positioniert hatten. Hiernach sollte sich GAL3p im Zellkern in das Protein GAL80p einklinken und ihn von seinem Bindungspartner GAL4p loseisen. Das neue Licht, das auf den Genschalter fällt, soll nun dabei helfen, die fehlerhafte Regulation spezieller Gene neu zu beleuchten. Im Fokus der Forscher befinden sich unter anderem Krebserkrankungen. Ein zuviel oder zuwenig, oder gar die unpassende Produktion des verwickelten Protein ist hier bereits als Krankheitsauslöser bekannt. Bricht der verantwortliche Genschalter zusammen, spielen alle durch ihn regulierten Gene verrückt. Hier soll die Ursachenforschung jetzt ansetzen.

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