Direkt zum Inhalt

Nanochemie: Nanokristalle aus Germanium zeigen verschobene Phasenübergänge

In Glas eingeschlossene Nanokristalle aus Germanium werden erst rund 200 Grad über dem Schmelzpunkt flüssig. Die zweite Überraschung für die untersuchenden Forscher war, dass das geschmolzene Element auch erst bei rund 200 Grad unter dem üblichen Gefrierpunkt wieder auskristallisiert.

Schmelzpunkterhöhung | Der Schmelzpunkt für Germanium liegt normalerweise bei 1211 Kelvin (knapp 938 Grad Celsius). Die charakteristischen Ringe für ein bestehendes Kristallgitter zeigen jedoch, dass sich die in Glas eingebetteten Germanium-Nanokristalle erst bei 1448 Kelvin, also mehr als 200 Grad über dem normalen Schmelzpunkt, verflüssigten.
Wissenschaftler um Eugene Haller vom Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien untersuchten an einem Elektronenmikroskop eine etwa 300 Nanometer große Probe des Glases, in das sie rund 2,5 Nanometer kleine Germanium-Kristalle eingebettet hatten. Sie schossen einen Elektronenstrahl auf das Material und beobachteten dessen Beugung an den Kristallebenen. Solange die kleinen Kristalle fest waren, zeigte das Brechungsmuster deutlich Ringe auf, die sich jedoch auflösten, sobald sich die Einbettungen verflüssigten und die Kristallstruktur zerfiel. Umgekehrt beobachteten sie eine Rückkehr der Ringe, als sich das Germanium wieder verfestigte.

Hysterese | Normalerweise sollten sich die Germanium-Nanokristalle bei etwa 1211 Kelvin verflüssigen beziehungsweise erstarren. Die Intensität der Elektronenbeugung (hoch: fester Zustand, niedrig: flüssiger Zustand) zeigt jedoch, dass das Schmelzen erst 200 Kelvin oberhalb der erwarteten Temperatur und das Erstarren erst 200 Kelvin unterhalb des Schmelzpunktes eintrat.
So fanden sie heraus, dass das eingebettete Element erst weit über dem eigentlichen Schmelzpunkt anfängt sich zu verflüssigen und erst weit unterhalb des Gefrierpunktes wieder fest wird. Zwar kannten die Forscher ein ähnliches Phänomen von Nanokristallen, die in kristallinen Materialien eingeschlossen waren, da in diesen Fällen die starken Bindungen den Schmelzprozess hinauszögerten. Umgeben von amorphem Siliziumglas, so hatten sie fälschlicherweise vermutet, würde das Schmelzverhalten jedoch dem in Luft ähneln.

Normalerweise gilt außerdem die Faustregel: Je kleiner der Körper, desto niedriger die Schmelztemperatur. So beginnen viele Nanokristalle aus einigen hundert oder tausend Atomen sich bereits bei mehr als 300 Grad unterhalb des Schmelzpunktes des Festkörpers zu verflüssigen. Hintergrund ist, dass mit abnehmender Größe mehr beteiligte Atome an der Oberfläche liegen, wo sie bei Erwärmung mehr Bewegungsspielraum haben, was den Schmelzprozess an sich und auch das Eindringen in den winzigen Kristall erleichtert.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.