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Biophysik: Quantenstrategie soll Levinthal-Paradox lösen

Wie findet ein Protein aus unzähligen möglichen Formen die richtige? Techniken aus der Quantenwelt sollen nun diese zentrale Frage der Biologie beantworten helfen.
Struktur eines Proteins, das ein Wellenmuster überlagert

Ein quantenmechanischer Ansatz soll helfen, eines der großen Rätsel der Biologie zu lösen. Der Molekularbiologe Cyrus Levinthal stellte in den 1960er Jahren fest, dass ein Protein länger braucht als das Alter des Universums, um seine korrekte dreidimensionale Form einzunehmen. Experimente zeigen aber, dass der Vorgang in der Praxis meist wenige Sekunden dauert. Li-Hua Lu von der Zhejiang University in Hangzhou und You-Quan Li von der Nanjing University haben nun ein quantenmechanisches Modell vorgeschlagen, das diese Diskrepanz auflösen soll, ohne Vorkenntnisse über das Protein vorauszusetzen. Anders als bisherige Modelle zur Umgehung des Paradoxes komme das neue Verfahren ohne vereinfachende Hypothesen über den Ablauf der Faltung aus, schreiben sie.

In ihrem jetzt in »Chinese Physics Letters« vorgestellten Verfahren nehmen sie an, dass das Protein einem »quantum walk« durch alle möglichen Strukturen folgt. Das heißt, an jedem Punkt befindet sich das Protein in einer Superposition aller Zustände, die es aus seinem vorherigen Zustand heraus erreichen konnte. Der »quantum walk« ist die quantenmechanische Version des »random walk« – der zufälligen Abfolge von möglichen Zuständen, anhand der Levinthal seinerzeit zu seinem Ergebnis kam.

Dabei behandelten Lu und Li die Gesamtheit aller möglicher Zustände analog zur Wellenfunktion eines Quantensystems und deren potenziellen und kinetischen Energien als Eigenfunktionen. Der Zustand mit der niedrigsten potenziellen Energie ist das korrekt gefaltete Protein. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass bereits ein einfaches quantenbasiertes Modell die vorhergesagte Faltungszeit um den Faktor 100 und mehr reduziert. Das zeige einerseits, dass der Ansatz eine Möglichkeit darstellt, das Levinthal-Paradox zu lösen, ohne zusätzliche Hypothesen in das Modell einfließen zu lassen – andererseits sei das Modell noch sehr eingeschränkt: Die bisherigen Rechnungen beschränken sich auf Ketten aus sechs Aminosäuren, und auch ein Hundertstel des Alters des Universums ist noch eine unrealistisch lange Zeit für die Proteinfaltung.

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