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Hubble-Konstante: Rätsel um die Expansionsgeschwindigkeit des Universums bleibt

Die detaillierte Karte zur Mikrowellenhintergrundstrahlung des Atacama Cosmology Telescope wurde sehnlichst erwartet. Die Debatte um die Hubble-Konstante kann sie aber nicht auflösen.
Abstrakte Darstellung Universum

Wie schnell dehnt sich das Universum aus? Das ist längst nicht klar – im Gegenteil: Der Wert dieser Konstante, die nach dem Astronomen Edwin Hubble benannt ist, ist eines der größten Rätsel der Kosmologie. Eine neue Karte des frühen Universums, die mit Hilfe von Daten des Atacama Cosmology Telescope (ACT) in Chile erstellt wurde, bestätigen nun frühere und auf ähnliche Weise erhaltene Schätzungen der Ausdehnungsgeschwindigkeit des Universums. Das Problem: Direkte Messungen der Geschwindigkeit, mit der Galaxien auseinanderfliegen, ergeben einen zehn Prozent höheren Wert für die Hubble-Konstante. Irgendetwas passt also nicht zusammen.

Die in zwei Vorabdrucken (1 , 2) veröffentlichten Ergebnisse basieren auf Daten zur Mikrowellenhintergrundstrahlung, die von 2013 bis 2016 mit dem ACT in der Atacama-Wüste gesammelt wurden. Diese Mikrowellen sind gewissermaßen das Nachglühen des Urknalls; sie kommen aus allen Richtungen des Weltraums, allerdings nicht vollkommen gleichförmig. Die Variationen zeigen an, dass sich Regionen des frühen Universums minimal in der Temperatur unterschieden haben. In den letzten zwei Jahrzehnten haben Kosmologen diese winzigen Schwankungen benutzt, um daraus etwas über die Struktur und die Entwicklung des Universums abzuleiten – darunter auch die Geschwindigkeit, mit der sich das Universum gegenwärtig ausdehnt.

Auf ähnliche Art und Weise hat bereits das Planck-Teleskop der Europäischen Weltraumorganisation ESA von 2009 bis 2013 die Mikrowellenhintergrundstrahlung kartiert. Auch mit diesen Daten kam man auf einen ähnlichen Wert für die Hubble-Konstante. Doch direkte Messungen mittels Helligkeiten bestimmter Sterne und Supernova-Explosionen kommen zu einem rund zehn Prozent höheren Wert. Die Hoffnung vieler Astronomen, dass sich der Unterschied mit zunehmender Präzision der Messungen verringern würde, hat sich also nicht erfüllt. Stattdessen steht die Diskrepanz nun auf noch valideren Daten.

»Zum ersten Mal haben wir zwei Datensätze, die unabhängig voneinander und mit ausreichender Genauigkeit ermittelt wurden, um einen Vergleich anstellen zu können«, sagt Erminia Calabrese, Kosmologin von der University of Cardiff, gegenüber dem Fachmagazin »Nature«. Für sie als Mitglied des Planck-Teams sei es eine Erleichterung gewesen, dass die Vorhersage für die Hubble-Konstante der beiden Experimente innerhalb von 0,3 Prozent übereinstimmten.

Die Debatte um die Hubble-Konstante bleibt also bis auf Weiteres bestehen. Während manche Astronomen weiterhin glauben, dass sich die Werte annähern würden, sobald die Messmethoden perfektioniert sind, sind sich andere da nicht so sicher. Adam Riess, amerikanischer Astronom von der Johns Hopkins University in Baltimore, Maryland, hat viele der Arbeiten zur Bestimmung der Hubble-Konstante mittels der Leuchtkraft von Sternen geleitet. Er zieht zum Beispiel in Erwägung, dass das Standardmodell der Kosmologie nicht korrekt sein könnte. Dieses Modell ist die anerkannteste Theorie über die Entwicklung des Universums und geht von einem Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren aus. Falls diese grundlegende Annahme aber falsch wäre, kann es natürlich gut sein, dass die beiden Methoden zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

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