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Seltsamer Signalweg: Reguliert der Darm den Schlaf?

Versuche mit Taufliegen deuten darauf hin, dass Darmzellen einen Stoff produzieren, der die Schlaflänge beeinflusst. Das Signalmolekül wurde auch bei Säugetieren nachgewiesen.
Ein Mann liegt zufrieden mit ausgebreiteten Armen bäuchlings auf einem Bett.

Darmzellen der Taufliege Drosophila melanogaster produzieren einen Signalstoff, der für den Schlaf wichtig ist. Dieses überraschende Ergebnis vermeldet eine Arbeitsgruppe um Yi Rao von der Beijing University auf der Basis gentechnischer Versuche an dem Insekt. Wie das Team in »Nature Communications« berichtet, schlafen Taufliegen-Mutanten schlechter, wenn bei ihnen das Gen für die Herstellung der Aminosäure D-Serin abgeschaltet ist. Der Effekt verschwand, wenn die Forscher das Gen ausschließlich in Zellen der Darmschleimhaut wieder aktivierten.

Bisher gingen Fachleute davon aus, dass Schlaf ausschließlich durch das Zentralnervensystem kontrolliert wird. Die Aminosäure wird auch vom menschlichen Körper hergestellt, dort ist ihre Funktion bisher allerdings unbekannt. Schlaf ist eine evolutionär sehr alte Entwicklung, so dass sich nicht ausschließen lässt, dass auch seine Steuerung im gesamten Tierreich ähnlich funktioniert.

D-Serin ist die spiegelbildliche Form der in Proteinen verwendeten Aminosäure L-Serin. Lange Zeit ging die Forschung davon aus, dass nur Bakterien dieses Molekül produzieren. Doch in den 1990er Jahren wurde klar, dass der Stoff unter anderem im Gehirn von Säugetieren vorkommt und dort auf eine spezielle Klasse von Rezeptoren wirkt. Bei Drosophila sind Gene für Herstellung und Abbau von D-Serin sowie für den Rezeptor nicht nur im Zentralnervensystem, sondern auch im Darm zu finden. In ihren Versuchen schaltete die Arbeitsgruppe um Rao diese Gene aus und beobachtete, dass die Fliegen nachts nur halb so lange schliefen, wenn sie kein D-Serin herstellen konnten. Stoppten die Forscher dagegen den Abbau von D-Serin, schliefen die Tiere länger.

Anschließend testete das Team, welcher Zelltyp für den Effekt verantwortlich ist. Dabei zeigte sich, dass die Produktion von D-Serin in Nervenzellen nicht zu normalem Schlaf führte, solange das nötige Gen im Darm ausgeschaltet blieb. Umgekehrt dagegen schliefen die Tiere normal, wenn Darmzellen, nicht aber Neurone das Molekül herstellten. Wie dieses Darmsignal zu einer längeren Schlafdauer führt und ob das Molekül in Säugetieren ebenfalls im Darm hergestellt wird, ist bisher unklar.

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