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Beobachtungstipps: Schichtwechsel am Abendhimmel

Während Venus nach ihrer eindrucksvollen Vorstellung der letzten Monate von der Himmelsbühne abtritt, übernimmt Merkur kurzzeitig die Rolle des »Abendsterns«. In der zweiten Nachthälfte beginnt derweil die Show eines bemerkenswerten »Doppelplaneten«, der uns noch bis zum Jahresende erfreuen wird.
Das Caloris-Becken auf Merkur

Merkur erreicht am späten Abend des 4. Mai seine obere Konjunktionsstellung und ist damit nicht zu beobachten. Danach wandert er in östliche Richtung und entfernt sich von der Sonne, so dass er in eine günstige Abendsichtbarkeit gerät: Ab dem 16. Mai steht er bei Ende der bürgerlichen Dämmerung, also gegen 21:40 Uhr MESZ, mehr als fünf Grad über dem Westnordwesthorizont. Zum Monatsende steht Merkur sogar knapp zehn Grad über dem Horizont. Seine Helligkeit nimmt vom 16. bis zum 31. Mai von −1,0 auf 0,2 mag ab, da er der Erde einen immer größeren Teil seiner unbeleuchteten Hälfte zuwendet. Anders als bei der ersten Abendsichtbarkeit im Februar helfen dieses Mal Venus und Mond beim Auffinden des flinken Planeten: Denn unsere helle Nachbarin begegnet Merkur vom 20. bis zum 23. Mai; die dichteste Annäherung von 1,2 Grad wird am Abend des 22. Mai erreicht. Die tägliche Positionsveränderung der beiden Planeten zueinander ist sehr auffällig, da sich Merkur und Venus in entgegengesetzten Richtungen bewegen: Merkur wandert ostwärts, seiner maximalen östlichen Elongation am 4. Juni entgegen, während Venus auf dem Weg nach Westen Richtung Sonne ist – ihre Sichtbarkeit als Abendstern geht ihrem Ende entgegen. Am Abend des 24. Mai gesellt sich die knapp zwei Tage alte Mondsichel zu dem Planetenduo.

Venus' Regentschaft als Abendstern geht im Mai zu Ende: Sie wandert schnell westwärts auf die Sonne zu und nähert sich ihrer unteren Konjunktionsstellung, die sie am 3. Juni erreichen wird. Am Monatsersten geht Venus noch um 00:32 Uhr unter, am 15. Mai um 23:42 Uhr und am Monatsletzten schon um 21:48 Uhr und damit während der hellen Dämmerung. Gleichzeitig fällt ihre scheinbare Helligkeit von  –4,7 mag auf –4,0 mag; in der letzten Maiwoche verschwindet Venus vom Abendhimmel. Wer kann, sollte Venus in der Dämmerung oder am Taghimmel, wenn sie noch hoch am Himmel steht, mit dem Teleskop aufsuchen. Dabei ist äußerste Vorsicht angesagt: Niemals darf man versehentlich oder absichtlich ohne geeigneten Sonnenfilter mit dem Teleskop in die Sonne blicken; sofortige Erblindung wäre die Folge! Da sich der Planet seiner unteren Konjunktion nähert, erscheint er nämlich als sehr schmale, große Sichel: Der Beleuchtungsgrad schrumpft von 24 Prozent am 1. Mai auf nur noch ein bis zwei Prozent in den letzten Maitagen. Der scheinbare Durchmesser nimmt von 39,3 auf 57,3 Bogensekunden zu. Am 22. begegnet Venus dem aufsteigenden Merkur, der Mond passiert den Planeten am 24. Mai.

Mars, Jupiter, Saturn, Mond | Frühaufsteher aufgepasst! Der Rote Planet sowie Jupiter und Saturn bieten Mitte Mai am Südosthorizont sehenswerte Begegnungen mit dem abnehmenden Mond im Sternbild Steinbock. Am 15. Mai steht der Mond nur 3,5 Grad südlich von Mars.

Mars wandert am Morgenhimmel vom Sternbild Steinbock in den Wassermann. Der Rote Planet erscheint am 1. Mai um 03:36 Uhr auf der Himmelsbühne, am 31. Mai bereits um 02:22 Uhr. Ab dem 26. Mai erreicht Mars negative Magnitudenwerte, am Monatsende leuchtet er –0,1 mag hell. Wenn die Morgendämmerung den Planeten verblassen lässt, steht er immerhin rund 15 Grad hoch im Südosten. Zum Ende des Monats ist das Marsscheibchen gut neun Bogensekunden groß und damit für eine sinnvolle Beobachtung von Oberflächendetails noch zu klein. Der abnehmende Mond passiert Mars am 15. Mai etwa 3,3 Grad südlich.

Jupiter steht im östlichen Teil des Sternbilds Schütze und entwickelt sich im Lauf des Monats vom Morgenhimmelobjekt zum Planeten der zweiten Nachthälfte. Seine Aufgänge verfrühen sich von 02:23 Uhr am 1. Mai auf 00:21 Uhr am Monatsletzten. Damit kulminiert Jupiter zum Monatsende mit der einsetzenden Dämmerung. Am 14. Mai gerät Jupiter in Stillstand und beginnt damit seine diesjährige Oppositionsschleife. Auf dem –2,5 mag hellen Planeten können Teleskopbeobachter Wolkenstreifen, Verwirbelungen innerhalb der Atmosphäre sowie Erscheinungen der vier großen Jupitermonde beobachten. Das Planetenscheibchen, gemessen am Äquator, wächst bis zum 31. Mai auf 44,6 Bogensekunden. Ein Manko ist die in diesem Jahr niedrige Deklination Jupiters, Ende Mai sind es –21 Grad. Für Beobachter auf 50 Grad Nord steht der Planet deshalb höchstens 19 Grad über dem Horizont. Der abnehmende Mond passiert Jupiter vom 12. auf den 13. Mai – und das sogar noch einmal drei Grad weiter südlich.

Saturn ist Jupiter dicht auf den Fersen: Der Ringplanet steht knapp fünf Grad östlich im westlichen Steinbock. Er geht nur etwa 15 Minuten nach Jupiter auf. Der gegenseitige Abstand der beiden ändert sich kaum, da Saturn bloß drei Tage vor Jupiter, also am 11. Mai, in Stillstand gerät und zu seiner Oppositionsschleife ansetzt. Mit 0,4 mag scheinbarer Helligkeit leuchtet er längst nicht so auffällig, mangels anderer ähnlich heller Sterne in der Nähe formen Saturn und Jupiter jedoch ein auffälliges »Doppelobjekt«. Teleskopbeobachter sehen Saturn als etwa 17,5 Bogensekunden große Scheibe, die von einem zu gut 20 Grad geöffneten Ringsystem umgeben ist.

Uranus im Sternbild Widder geht im Mai erst in der hellen Morgendämmerung auf und ist daher nicht zu sehen.

Neptun kann etwa ab der letzten Maiwoche als 7,9 mag helles Objekt mit einem Fernglas oder Fernrohr kurz vor der Morgendämmerung im Sternbild Wassermann aufgespürt werden. Man findet ihn etwa 3,4 Grad nordöstlich des 4,2 mag hellen Sterns Phi Aquarii (φ Aqr). Für eine sinnvolle Beobachtung steht der Planet aber noch zu tief.

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