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Mikrostruktur: Seltsames Netz unterscheidet Whiskey und Whisky

Beim Eintrocknen unterscheidet sich US-amerikanischer Bourbon von Scotch Whisky: Eine netzartige Struktur aus Fettsäuren erscheint wie aus dem Nichts.
Eingetrockneter Whiskey bildet Netzmuster.

Feine verästelte Strukturen, die an Geflechte aus Pilzfäden erinnern, geben Spirituosenfachleuten Rätsel auf. Die eigenwilligen Formen entstehen, wenn man US-amerikanischen Whiskey verdünnt und einen Tropfen davon auf einer Glasoberfläche eintrocknen lässt, berichtet eine Arbeitsgruppe um Stuart J. Williams von der University of Louisville. Wie das Team in »Physical Review Fluid« schreibt, sind die eigenwilligen Netzmuster außerdem für jeden Whiskey charakteristisch wie ein Fingerabdruck. Hinter dem Experiment steckt eine frühere Beobachtung: Verdünnte Scotch Whiskys erzeugen beim Verdunsten Kaffeering-Effekte in sehr vielfältigen und ebenfalls für die einzelnen Sorten charakteristischen Formen. US-Whiskeys tun das auch, und ohne Verdünnung erzeugen ebenfalls beide Spirituosen eine einheitliche Lage aus Rückstand. Doch bei mittleren Konzentrationen zeigt sich der Unterschied in Form des Netzmusters, das bei Scotch kein Gegenstück hat.

Wie die Formen entstehen, ist allerdings weder bei Scotch noch bei Bourbon endgültig geklärt – denn auch die »Kaffeeringe« bei starker Verdünnung sind keine echten Kaffeeringe. Die nämlich entstehen durch das Verhalten von großen Schwebteilchen, die die Spirituosen jedoch nicht enthalten. Fachleute vermuten deswegen, dass die Muster, ob Ringe oder Netze, etwas mit dem Marangoni-Effekt zu tun haben: Dabei erzeugen Unterschiede in der Oberflächenspannung, die durch das Verdunsten von Alkohol entstehen, Strömungen in der Flüssigkeit. Das wiederum konzentriert lösliche Stoffe an den zurückweichenden Rändern des Tropfens. Was genau nun bei mittlerer Konzentration im US-Whiskey vor sich geht, weiß die Arbeitsgruppe noch nicht im Detail. Sie vermutet aber, dass gut in höher konzentriertem Alkohol lösliche Fettsäuren eine Rolle spielen, die in Whisky nicht enthalten sind: Während der in bereits verwendeten und quasi ausgelaugten Fässern gelagert wird, reifen US-Whiskeys in neu hergestellten Fässern, deren Holz noch viele dieser löslichen Stoffe abgeben kann. Beim Verdünnen mit Wasser sind diese Fettsäuren schlechter löslich und bilden molekulare Filme auf der Tropfenoberfläche. Die durch den Marangoni-Effekt erzeugte Turbulenz, so vermutet die Arbeitsgruppe, rollt aus diesen Filmen dann die Fasern, die die Netzstrukturen bilden.

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