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Wegen Soja: US-chinesischer Handelskrieg gefährdet Regenwald

Strafzölle auf Soja könnten dramatische Folgen für das Amazonasgebiet haben, warnt eine Arbeitsgruppe. Eine Fläche so groß wie Griechenland sei bedroht.
Brandrodung im Amazonasregenwald

Chinesische Strafzölle auf Soja aus den USA könnten die Entwaldung des Amazonasgebiets dramatisch beschleunigen. Davor warnt eine Gruppe von Fachleuten um Richard Fuchs vom Karlsruher Institut für Technologie auf der Basis von Handels- und Landwirtschaftsdaten: Der Handelskonflikt habe das Potenzial, die Landnutzung weltweit zu verändern. Etwa auf die Hälfte seien die US-Exporte nach China gefallen, berichtet sie in »Nature«. Wenn sich diese Nachfrage auf andere Länder verteilt, könnten die Anbauflächen für Soja in Brasilien um bis zu 13 Millionen Hektar erweitert werden – nahezu vollständig durch neu gerodete Felder im Amazonas-Regenwald, wie das Team befürchtet. Das wäre etwa die Fläche Griechenlands und mehr als das 15-Fache jener Waldfläche, die zwischen August 2017 und Juli 2018 verloren ging.

Mehrere Argumente sprächen für dieses Szenario, so das Team. Zwar sei es möglich, dass andere Staaten ebenfalls mehr Soja produzierten und damit einen Teil der Nachfrage abdecken – sei es durch höhere Erträge oder veränderte Landnutzung. Die Arbeitsgruppe schätzt die Reichweite solcher Maßnahmen allerdings als begrenzt ein. Selbst wenn alle Exportländer zu gleichen Teilen zur zusätzlichen Sojaproduktion beitrügen, stiege demnach die Anbaufläche im Amazonasgebiet um etwa sechs Millionen Hektar. Vermutlich wäre Brasiliens Anteil aber größer: Schon in den 1980er Jahren habe ein Handelskrieg um Soja zwischen den USA und der Sowjetunion die Anbauflächen in Brasilien deutlich ansteigen lassen.

Hinzu kommt, dass Brasilien mit seiner Infrastruktur und seinen großen nicht bewirtschafteten Landflächen im Vergleich zu anderen produzierenden Staaten die besseren Voraussetzungen hat, um die zusätzliche Nachfrage kurzfristig aufzufangen. Daneben hätten sich die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, die in den letzten Jahren zu vergleichsweise geringen Rodungen im Amazonas führten, hin zu einer stärkeren landwirtschaftlichen Nutzung verschoben. So hatte sich der neue brasilianische Präsident Jair Bolsonaro mehrmals gegen die geltenden Umweltstandards im Amazonasgebiet ausgesprochen und Landrechte indigener Völker beschnitten.

Indizien deuten darauf hin, dass China seine verlagerten Importe seit Einrichtung der Zollschranken fast komplett aus Brasilien bezogen hat. Eine solche Verschiebung der Sojanachfrage auf Brasilien wäre vermutlich dauerhaft und könnte sogar weitere Waldverluste dort und in anderen Gebieten nach sich ziehen, warnt die Gruppe. Deswegen appelliert das Team an China und die USA, Soja von den Handelsschranken auszunehmen; daneben müsse China stärker auf andere Lieferanten zurückgreifen, während Brasilien seinerseits die Amazonaswälder besser schützen solle.

Langfristig müssten die realen Umweltkosten in den Preisen von landwirtschaftlichen Gütern enthalten sein, was internationale Maßnahmen erfordert, so das Team um Fuchs. Privatleute können die Nachfrage nach Soja schon jetzt reduzieren, indem sie auf Fleisch verzichten. Ob das allerdings den Anbau verringert, erscheint eher fraglich: Die Europäische Union jedenfalls hat bereits im Januar erlaubt, die Sojabohnen aus den USA für die Herstellung von Biokraftstoff zuzulassen. Diese Nachfrage könnte deutlich steigen, wenn die EU nun wie geplant Biokraftstoffe aus Palmöl einschränkt, weil dafür Regenwald abgeholzt wird.

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