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Trotz Dürre: Wie sicher sind Deutschlands Wasserreserven?

Wasser aus der Leitung wird es hier zu Lande auch in Zukunft genug geben. Mit ein paar kleinen Ausnahmen.
Der Rhein bei Köln mit Niedrigwasser im Sommer 2018

Deutschland schien im Sommer 2018 das Wasser auszugehen: Auf den Feldern verdorrten die Pflanzen, die ersten Wälder brannten, und selbst in den großen Flüssen stand das Wasser so niedrig, dass die Frachtschiffe Probleme bekamen und seit Jahrzehnten versunkene Weltkriegsbomben zum Vorschein kamen. Manchen traf die Dürre sogar im eigenen Zuhause: In einigen Gemeinden kam zeitweise kein Trinkwasser mehr aus dem Hahn.

Wasser allerdings gibt es genug – es wird nur gelegentlich zu schnell verbraucht. Wenn bei einer Hitzewelle viele Menschen ungewöhnlich viel Wasser entnehmen, sinkt der Druck im System, und manche Wasserhähne bleiben trocken. Solche Engpässe kommen im Sommer immer mal wieder vor, aber an Trinkwasser selbst mangelt es bisher nicht. Doch wird das auch so bleiben, wenn es weiterhin heiß und trocken bleibt?

Die einfache Antwort ist: Im Prinzip ja. Etwa 70 Prozent des deutschen Trinkwassers stammen aus Grundwasser – und egal wie trocken es an der Oberfläche wird, die tieferen Schichten berührt das Wetter erst einmal nicht. Anders als in anderen Weltgegenden bildet sich Grundwasser, das wir verbrauchen, auch mühelos nach. Jeden Winter liefern Regen und Schnee etwa achtmal so viel Wasser nach, wie Industrie, Bergbau, Kraftwerke und Trinkwassererzeuger zusammen im Jahr aus dem Boden pumpen.

Wasser ist genug da – nur nicht überall

Deswegen ist es auch extrem unwahrscheinlich, dass in Deutschland flächendeckend wegen Wassermangels der Badespaß im eigenen Planschbecken ausfällt oder Rasenflächen nicht bewässert werden dürfen, wie es in anderen Ländern in Dürreperioden durchaus vorkommt.

Allerdings gilt das nicht überall und ohne Einschränkung, denn das Wasser im Boden ist in Deutschland sehr ungleich verteilt. Einige Regionen wie die Norddeutsche Tiefebene oder die Voralpenregion liegen auf lockeren, porenreichen Sedimenten, die sehr reich an Grundwasser sind, fast ein Drittel des Landes liegt andererseits auf weitgehend undurchlässigen Bodenschichten. Viele solche Regionen beziehen einen beträchtlichen Teil ihres Wassers von der Oberfläche, zum Beispiel durch Reservoirs. So gewinnt Sachsen die Hälfte seines Trinkwassers aus Talsperren, die durch Regen und Schnee aufgefüllt werden.

Fernwasserleitungen versorgen wiederum wasserarme oder durch Trockenheit bedrohte Regionen; in Bayern zum Beispiel führen Fernwasserleitungen aus dem relativ wasserreichen Süden nach Franken im Norden. Dass die Trinkwasserversorgung nicht mehr genug Wasser bekommt, um den Bedarf zu bedienen, passiert deswegen in Deutschland nur selten und lokal begrenzt. Stark sinkende Grundwasserpegel führten im Jahr 2016 zu »vereinzelten Versorgungsproblemen bei Wasserversorgern«, berichtete das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz auf einer Tagung im September 2017. Trockenheit könne regional unter bestimmten Voraussetzungen zu »Herausforderungen« für die Wasserversorgung führen, bestätigt auch das Umweltbundesamt. Dennoch: »Die Wasserverfügbarkeit und die Bereitstellung von Trinkwasser ist deutschlandweit gesichert.«

Der Klimawandel als lokales Problem

Daran wird, soweit man das bisher erkennen kann, auch der Klimawandel nichts Grundlegendes ändern. Zwar verändern sich schon jetzt Niederschläge und Verdunstung und damit auch die Geschwindigkeit, mit der sich Grundwasser neu bildet – Klimamodelle zeigen jedoch, dass in Zukunft eher mehr Wasser im Boden zur Verfügung stehen wird als früher. Auch hier ist allerdings entscheidend, wo man sich in Deutschland befindet. In Brandenburg zum Beispiel werde sich im Jahr 2060 etwa 40 Prozent weniger Grundwasser bilden, berechnete das Umweltministerium im Jahr 2008.

Wegen solcher regionaler Unterschiede ist es nach Ansicht von Fachleuten in einer wärmeren Zukunft prinzipiell möglich, dass Wasserversorger für einen gewissen Zeitraum weniger Wasser pumpen können, als nachgefragt wird – also echter Wassermangel herrscht. Besonders verwundbar seien dabei Wasserversorger im ländlichen Raum, in Mittelgebirgsregionen und mit dezentralen Wasserversorgungsstrukturen, so eine aktuelle Analyse des Climate Service Center Germany (GERICS), das zum Helmholtz-Zentrum Geesthacht gehört. Schuld daran sei, dass sie ihr Wasser oft nur aus einer einzelnen, begrenzten Quelle wie dem Grundwasser eines Gebirgstals bezögen, die unter Umständen stark von Niederschlägen abhängt.

Wegen der umfangreichen Infrastruktur, die schon heute trockene Gebiete versorgt, dürfte jedoch ein anderer Effekt Wasserfachleuten mehr Sorgen bereiten: Während insgesamt sparsamere Geräte und die sinkende Einwohnerzahl dazu führen werden, dass Deutschland immer weniger Wasser aus der Umwelt entnimmt, dürften sommerliche Hitzewellen häufiger und länger werden – und damit dürfte auch der Wasserverbrauch zeitweilig stark steigen, was im Sommer 2018 bereits zu trockenen Wasserhähnen führte. Dass also plötzlich kein Druck mehr auf der Leitung ist, könnte häufiger passieren. »Die größte Herausforderung für kleine Wasserversorger wird es sein, für die zu erwartenden Entnahmemengen ausreichend Aufbereitungs- und Reservekapazität zu gewährleisten«, schreibt deswegen die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) in einem Bericht von 2017. Es sei »nicht davon auszugehen, dass die Trinkwasserversorgung in Deutschland großräumig und dauerhaft beeinträchtigt wird«.

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