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News: Zeit zum Fressen

Arktische Sommergäste haben wenig Zeit: Nur zwei bis drei Monate bleiben Zugvögeln aus südlicheren Gefilden zum Brüten und zur Aufzucht der Jungen in der Tundra. Deshalb wurde bisher angenommen, dass sie die nötigen Kalorien für die Eierproduktion bereits aus ihren Überwinterungsgebieten mitbringen. Regenpfeifer- und Strandläuferarten fressen sich jedoch erst in der Tundra voll.
Eine Sommerfrische sieht anders aus: Die zwei bis drei Monate des kurzen arktischen Sommers werden von zahlreichen Zugvögeln zum Brüten und zur Jungenaufzucht genutzt. Dann sind sie bereits wieder auf den Weg zu ihren Winterquartieren Richtung Süden. Der Nachwuchs muss dann kräftig genug sein, um den Eltern zu folgen.

Zeitersparnis beim kalorienzehrenden Brutgeschäft ist da angesagt. Deshalb nahmen Forscher an, dass besonders kleine Vogelarten bereits vor dem Zug die nötigen Nährstoffe für die Eierproduktion zu sich nehmen und in der Tundra sofort mit dem Brüten anfangen.

Marcel Klaasen vom Netherlands Institute of Ecology in Maarsen hat zusammen mit Wissenschaftlern der Lund University, der University of Groningen in Haren und des National Environmental Research Institute in Roskilde das Gegenteil bewiesen: Zehn kleine Vogelspezies - Regenpfeifer- und Strandläuferarten zusammen mit dem Knutt (Calidris canutus) und dem Steinwälzer (Arenaria interpres) - fressen sich erst nach ihrer Ankunft in Grönland und im nördlichen Kanada mit proteinreicher Nahrung voll.

Des Rätsels Lösung bot die Nahrung. Die Vögel fressen das ganze Jahr über wirbellose Tiere wie Insekten und Würmer. Küstenbewohnende Wirbellose aus den Winterquartieren – Flussmündungen entlang der französischen und spanischen Küste – zeigen in ihren Körpern ein anderes Verhältnis von Kohlenstoff-Isotopen als Boden- und Flussorganismen der arktischen Tundra. Dieses Verhältnis spiegelt sich in der Zusammensetzung der Vogelfedern und Eierschalen wider.

Die Kohlenstoffisotop-Zusammensetzung der frisch gelegten Eier und auch des ersten Gefieders der Nestlinge stammte eindeutig aus der Tundra. Die Flug- und auch die Schulterfedern der Eltern, die zuletzt vor dem Zug in die Arktis gemausert werden, zeigten dagegen hohe Übereinstimmung mit Isotop-Verhältnissen in marinen Wirbellosen aus den Winterquartieren.

"Die zehn untersuchten Arten scheinen keinen Vorteil vom einem mitgebrachten Nährstoffvorrat in die Brutgebiete zu haben", erklärt Klaasen. "Das heißt aber nicht, dass die Ergebnisse auf größere und schwerere Vögel wie Gänse zu übertragen sind. Deren Junge hätten dann weniger Zeit zum Aufwachsen, was einen großen Nachteil für die Art bedeuten würde".

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