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Buchkritik zu »Molekulare Biotechnologie«

Michael Wink, Leiter des Instituts für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie der Universität Heidelberg ist maßgeblich an der Realisierung der relativ neuen Studienrichtung Molekulare Biotechnologie beteiligt, die an Universität und Fachhochschule mit großem Erfolg und reger Nachfrage angeboten wird. Zusammen mit 36 Coautoren versucht er mit "Molekulare Biotechnologie – Konzepte und Methoden", dem ersten deutschsprachigen Lehrbuch auf diesem Gebiet, nach eigenen Angaben, "einen kurzen Überblick" über den Themenbereich zu geben, der zahlreiche Fachgebiete wie Zellbiologie, Molekulare Genetik, Biochemie und Bioinformatik interdisziplinär verknüpft.

Auf gut 700 Seiten und in 39 Kapiteln behandeln die Autoren vier Teilbereiche – I. Grundlagen der Zell- und Molekularbiologie, II. Standardmethoden der Molekularen Biotechnologie, III. Schwerpunktthemen der Molekularen Biotechnologie, und IV. Wirtschaftliche Perspektiven der Molekularen Biotechnologie. Daran schließt sich ein über 40-seitiges Glossar an. Die Auswahl der Themen erscheint angesichts eines Forschungsgebietes, das derart in Bewegung ist, ausgesprochen angemessen und sinnvoll.

Gerade in Teil IV werden, trotz gelegentlicher Wiederholungen von Anekdoten aus der guten (und noch nicht so alten) Firmengründerzeit in der amerikanischen Biotech-Szene, für den "reinen Naturwissenschaftler" wichtige und interessante Aspekte aus der Biotech-Industrie angesprochen (z.B. Anwendungsbereiche, Grüne/Rote/Graue Biotechnologie, Pharmakogenetik, Chancen und Risiken, Patente, Marketing usw.) Leider fehlt ein Abschnitt über biologische Sicherheit; Sicherheitseinstufungen einzelner Organismen sind angegeben, stehen aber seltsam leer im Raum ohne irgendeine Einführung in diese Problematik.

Von herstellerischer Seite erschweren lästige Kleinigkeiten die Benutzung des Buches: Den Kapiteln vorangestellt sind 20 Farbtafeln, eine Auswahl der Abbildungen – darauf gibt es jedoch später nirgends einen Hinweis. Schlimmer noch – in den Legenden der durchweg (leider) schwarz-weißen Abbildungen, befinden sich Erklärungen für farbige Symbole. Das Register zeigt schon bei flüchtiger Durchsicht Fehler. Der Preis von 69 Euro für ein dickes Lehrbuch deutet dagegen ein insbesondere für Studenten sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis an. Die wesentliche Frage ist aber – für wen ist dieses Werk konzipiert? Wer kann davon profitieren?

Teil I bietet einen guten, didaktisch mit hervorgehobenen Stichworten wertvollen Überblick, eine gute Zusammenfassung und Vorbereitung für eine entsprechende Prüfung. Aber für Studenten im Grundstudium? Für Fachhochschüler? Denen erspart es nicht die Durcharbeitung eines ausführlichen Lehrbuchs. Der Methodenteil II präsentiert sich mit verschiedenen Autoren und daher mit unterschiedlichen Schreibstilen – an und für sich erfrischend, aber im Inhalt noch kursorischer, kein Fettdruck erleichtert hier wenigstens das Auffinden bestimmter Begriffe.

Die Methoden sind (Platzmangel?) so oberflächlich und kursorisch beschrieben, dass es kaum vorstellbar ist, wie "Undergraduates" damit zurecht kommen; auch für ein Wiederholungsstudium sind die Kapitel zum großen Teil nicht geeignet. Die Kapitel mit den Schwerpunktthemen in Teil III bieten wieder fett gedruckte Stichworte, sind zum Teil anschaulich und informativ, zum Teil sehr kurz gefasst (Bioinformatik), was dann auch gelegentlich zu unsauberen Formulierungen führt (Molekulare Diagnostik: dominante Erkrankungen werden nicht an jedes zweite Kind weitergegeben, sondern für jedes Kind besteht ein 50-prozentiges Risiko). Sie könnten nur zur Stoffwiederholung nach intensiverem Studium dienen.

Die Kapitel mit den wirtschaftlichen Aspekten in Teil IV umfassen weniger prüfungsrelevanten Stoff, sondern eher Hintergrundinformationen und sind einfacher zu lesen. Der Herausgeber weist schon im Vorwort darauf hin, dass der Umfang dieses Lehrbuches (und wahrscheinlich jeden Lehrbuches dieses komplexen Faches) es unmöglich macht, alle relevanten Themen der modernen molekularen Biotechnologie zu behandeln. Der Umfang macht es auch schwierig, den an sich schon komplexen behandelten Themen gerecht zu werden. Dies ist ein Versuch, kein Einführungslehrbuch für Studierende, aber eine ausführliche und wertvolle Material- und Stichwortsammlung für die Mitglieder aller naturwissenschaftlichen Disziplinen.

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  • Quellen
BioSpektrum 5/2005

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