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News: Bakterium zum zweiten Mal unter Verdacht

Kann ein gewöhnlicher Mikroorganismus die Alzheimersche Krankheit auslösen? Amerikanischen Wissenschaftlern erscheint das nicht unmöglich. Ihre Vermutung ist umstritten - trifft sie allerdings zu, stellt ein Bakterium das Multi-Millionen-Dollar-Feld der Alzheimer-Forschung auf den Kopf: Wenn eine einfache Dosis Antibiotika vor Alzheimer schützt, müssen die Maßnahmen zur Prophylaxe der Krankheit noch einmal überdacht werden.

Chlamydia pneumoniae, das verdächtigte Bakterium, wird beispielsweise durch Husten oder Niesen übertragen. Im Alter von 20 Jahren ist bereits die Hälfte der Bevölkerung infiziert und die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung steigt mit zunehmendem Alter. Der Mikroorganismus steht nicht zum ersten Mal unter Verdacht: Er wurde schon beschuldigt, für Herzanfälle verantwortlich zu sein.

Alan Hudson von der Wayne State University und seine Kollegen führten Autopsien an den Gehirnen von 19 Alzheimer-Patienten und 19 gleichalten Menschen durch, die an anderen Ursachen gestorben waren. Bei 17 der Alzheimer-Kranken fanden sie Anzeichen für C. pneumoniae im Hippocampus und in der Hirnrinde des Temporallappens. Gewöhnlich sind diese Areale am stärksten von Alzheimer betroffen. Die Wahrscheinlichkeit, das Bakterium in unbeschädigten Hirnbereichen anzutreffen, war sehr viel geringer. Die Forscher fanden C. pneumoniae nur bei einem der Patienten, die nicht an Alzheimer gestorben waren.

Aus zwei der infizierten Gehirne konnten die Forscher die Bakterien isolieren und in Kultur züchten. Der Organismus war also immer noch am Leben und kein längst toter, unbeteiligter Zuschauer (Medical Microbiology and Immunology, Vol. 187, S. 23).

Daß C. pneumoniae in den erkrankten Gehirnen vorkommt, heißt nicht, daß es auch Alzheimer verursacht, betonen die Wissenschaftler. Aber sie vermuten, daß das Bakterium zum mindesten einen Risikofaktor darstellt. Chlamydia-Bakterien rufen tatsächlich Entzündungen hervor, wenn sie andere Körperteile angreifen – und die Gehirne von Alzheimer-Patienten sind entzündet. Sie enthalten hohe Konzentrationen an chemischen Botenstoffen, sogenannten Cytokinen, die Entzündungen auslösen.

Das Bakterium infiziert Mikroglia und Astroglia, die zerebralen Cousins von Makrophagen. Dieser Angriff bewirkt die Ausschüttung von Cytokinen, welche dann die Entzündungen bedingen, erklärt Hudson. C. pneumoniae könnte also durchaus für die Symptome verantwortlich sein, meint der Wissenschaftler.

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