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Interview: Bedrohte Bartträger

Roloway Meerkatze
Wissensschreiber

Stickige Luft, lautes Affengekreische, viele Besucher – wir sind im großen Affenhaus angekommen. Begrüßt werden wir von den flink umherspringenden Roloway Meerkatzen, die mit ihren Ziegenbärten sehr witzig aussehen. Während unseres Aufenthalts beobachten wir einander mit Neugier. Konzentrieren uns dann aber auf das Interview mit der Pressesprecherin des Heidelberger Zoos.

Frau Richter, warum sind die Roloway Meerkatzen vom Aussterben bedroht?

Einer der gravierendsten Gründe ist die Vernichtung des Lebensraums. Es gibt aber auch andere Bedrohungen wie zum Beispiel die Wilderei: Die Affen werden gejagt und auf dem Markt als sogenanntes "Bushmeat" – Fleisch von wildlebenden Tieren aus dem Regenwald – verkauft. Jetzt würde man glauben, die armen Leute haben dort nichts zu essen und jagen deshalb. Aber "Bushmeat" wird als Delikatesse auf den Märkten angepriesen und hauptsächlich an reiche Leute verkauft.

Frau Richter im Interview mit den Wissensschreibern

Welchen Beitrag leisten Zoos um die Art zu erhalten?

In Europa werden die seltenen Primaten in Zoologischen Gärten gezüchtet, wobei es nur 36 Tiere davon gibt. Wir hier in Heidelberg haben mit sieben Tieren weltweit den größten Bestand.

Besteht bei einer so geringen Anzahl nicht die Gefahr der Inzucht?

Um das zu vermeiden, gibt es das Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP). In diesem Programm laufen Daten über das Erbmaterial aller bedrohten Tiere zusammen, die in Zuchtbüchern festgehalten werden. Es gibt ein Zuchtbuch für jede Art, die an unterschiedlichen Stellen geführt werden. Dadurch sehen wir, welche Affen wir zusammenbringen können und "tauschen" diese mit anderen Zoos.

Und wer hat das Zuchtbuch für die Roloway Meerkatzen?

Das ist der Zoo Mulhouse in Frankreich. Wir führen das EEP für die Asiatische Goldkatze.

Roloway Meerkatze | Die schönen Tiere mit den lustigen Bärten gehören zu den seltensten Tierarten der Welt.

Hat der Heidelberger Zoo auch Projekte, die den Lebensraum und die Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum in Ghana schützen?

Ja! Es gibt das Projekt WAPCA, bei dem es um die Ausbildung von Rangern und um die Aufklärung der Bevölkerung geht, unter anderem durch den Aufbau von Besucherzentren. Diese sind natürlich nicht nur für Kinder gedacht, es kommen auch immer mehr Erwachsene. Es gilt für alle das Prinzip: Je mehr man von einer Sache weiß, desto mehr setzt man sich dafür ein. Um den Besuchern in Ghana das Tier näher zu bringen, haben wir erst vor kurzem Fergus, ein Männchen, das bei uns geboren wurde, dorthin gebracht. Ihn und Sweet Pee, die einzige weibliche ghanaische Roloway Meerkatze in menschlicher Obhut. Die beiden sollen als Botschafter ihrer Art im Primatenzentrum und durch Nachzucht dafür sorgen, dass diese schöne Affenart erhalten bleibt.

Wie werden diese Projekte finanziert?

Vor allem durch Einnahmen und Spenden aus dem Zoo: Es fließt ein bestimmter Prozentsatz des Eintritts in den Natur- und Artenschutz. Da kommt zum Glück einiges zusammen.

Wie klären Sie ihre Besucher über Artenschutz auf?

Wir haben einmal im Jahr einen Artenschutztag, außerdem Prospekte, Informationen auf unserer Internetseite und einen kurzen Film über WAPCA. Nicht zu vergessen ist unsere Zooschule, die Führungen und Ferienprogramme für Kinder und Jugendliche anbietet.

Gruppenfoto vor dem Affenhaus

Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Was ist Ihre Motivation für Artenschutz?

Ach, das ist aber eine schöne Frage. Grundsätzlich ist es mir wichtig, dass ich in meinem Beruf etwas Sinnvolles machen kann; dass ich dazu beitragen kann, die Welt etwas besser zu machen. Es gibt zwar Zoogegner, die das Einsperren von Tieren moralisch verwerflich finden. Ich hingegen glaube, wenn wir die Tiere artgerecht halten und sie sich sogar fortpflanzen, kann es ihnen ja nicht so schlecht gehen.

Wir danken Ihnen für das Gespräch und dass Sie sich Zeit genommen haben.

Das Interview führten: Isabel P., Maren W., Max S.

Dieser Artikel entstand beim Wissensschreiber-Workshop zum Thema "Tierische Intelligenz" im Juli 2013 in Heidelberg.

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