Direkt zum Inhalt

Vince Ebert extrapoliert: Was wäre, wenn unsere Rohstoffe gar nicht knapp wären?

1972 prognostizierte der Club of Rome, dass uns bereits im Jahr 2000 reihenweise die wichtigsten Rohstoffe ausgehen würden. Spätestens dann käme es zum totalen Kollaps unsers Wirtschaftssystems. Inzwischen haben wir das Jahr 2019, und es gibt uns noch. Wissenschaftskabarettist Vince Ebert fragt nach dem Warum.
Der Kabarettist Vince Ebert

Inzwischen hat der Club of Rome den Weltuntergang durch Rohstoffknappheit mehrfach nach hinten korrigiert. Ähnlich wie die Zeugen Jehovas, die nach jeder ausgefallenen Sintflut sagen: Beim nächsten Mal klappt's bestimmt!

Die Vorstellung, dass wir mehr Ressourcen verbrauchen, als dieser Planet hat, und dass wir deshalb konsequent reduzieren und verzichten müssen, ist eine Behauptung, an dessen Wahrheitsgehalt praktisch keiner zweifelt. Doch ist das wirklich so?

Zunächst einmal ist es so, dass viele Wachstumskritiker irrtümlicherweise denken, beim Wirtschaftswachstum müssten automatisch irgendwelche physikalische Größen wachsen. Aber das ist nicht richtig. Ein Großrechner vor 30 Jahren hatte die Abmessungen eines Einfamilienhauses und benötigte für seinen Betrieb Unmengen an Rohstoffen und Energie. Heute passt dieser Rechner problemlos in jede Hosentasche.

Wirtschaftswachstum entsteht vor allem, wenn Ressourcen effizienter verwendet werden. Durch bessere Vernetzung, energiesparendere Produktionstechniken oder die Verlagerung auf den Dienstleistungssektor kann das Bruttosozialprodukt einer Volkswirtschaft nahezu grenzenlos wachsen, obwohl parallel dazu immer weniger Rohstoffe benötigt werden.

Ressourcen aus dem 3-D-Drucker

Und wie sieht es nun mit den Rohstoffen selbst aus? Die sind doch tatsächlich endlich. Oder etwa nicht? Auch das ist genau genommen nicht ganz richtig. Die meisten Rohstoffe, die wir verwenden, sind komplexe Moleküle. Erdöl zum Beispiel setzt sich aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Schwefel zusammen. Wenn wir Öl verbrennen, dann zerstören wir durch die Verbrennung zwar die »Ölmoleküle«, aber die einzelnen Elemente, aus denen das Molekül besteht, sind danach noch immer vorhanden. Durch die Verbrennung von Erdöl verschwindet auf diesem Planeten kein einziges Kohlenstoffatom. Es ist lediglich die Zusammensetzung der Elemente, die sich durch unsere Nutzung ändert.

So gesehen gehen uns die Rohstoffe auf der Erde nicht aus. Eine Rohstoffknappheit besteht lediglich darin, dass der jeweilige Rohstoff nicht mehr in seiner ursprünglichen molekularen Struktur existiert. Oder dass er schwerer zugänglich ist. In unserer tieferen Erdkruste gibt es zum Beispiel 1000-mal mehr Ressourcen, als die düstersten Wachstumskritiker wahrhaben wollen.

Für beide Fälle wird es vermutlich in Zukunft Lösungen geben. Zum einen verbessern sich die Abbaumethoden ständig. Die Technologie des Frackings ist umweltpolitisch sicherlich umstritten, aber sie hat zweifellos den vom Club of Rome prognostizierten Peak-Oil massiv nach hinten verschoben. Zum anderen ist es bereits heute möglich, durch technologische Verfahren synthetische Rohstoffe herzustellen.

Früher hat es auch funktioniert

Dadurch kann man ein nahezu identisches »Erdölmolekül« im Labor herstellen, sofern man die oben genannten Elemente zur Verfügung hat. Diese Verfahren sind zugegebenermaßen noch sehr komplex und energieaufwändig. Doch wie wir wissen, schreitet der technologische Fortschritt sehr schnell voran. Vielleicht werden wir ja in Zukunft mit einem 3-D-Drucker unsere wichtigsten Rohstoffe kostengünstig und bequem zu Hause herstellen. Oder wir werden in der Lage sein, aus tiefsten Schichten der Erdkruste unsere Ressourcen abzubauen.

Wenn Sie vor 100 Jahren einem Gelehrten gesagt hätten, dass wir schon bald durch moderne Produktionstechniken mehr als sieben Milliarden Menschen mit Nahrung versorgen können, hätte er Sie nur mitleidig angesehen. Und wenn Sie ihm gesagt hätten, dass dazu nur ein Bruchteil der ursprünglichen Arbeitskraft nötig wäre, um diese Nahrungsmittel zu produzieren, hätte er Sie wahrscheinlich für komplett verrückt erklärt. Doch durch wissenschaftliche und ingenieurtechnische Meisterleistungen ist uns genau das gelungen.

Die Idee der Grenzen des Wachstums könnte also ein Irrglaube sein. Dass sie dennoch so populär ist, hängt damit zusammen, dass unsere Vorstellung von unseren Ressourcen immer noch die eines steinzeitlichen Jägers und Sammlers ist. Damals hieß es: Wenn alles Wild gejagt ist, werden wir sterben. Wenn alle unsere Vorräte aufgebraucht sind, müssen wir verhungern. In Wahrheit sind unsere Ressourcen aber nahezu unerschöpflich. Und mit unserem Erfindungsreichtum und unserer Fantasie werden wir immer besser in der Lage sein, sie zu nutzen.

Schreiben Sie uns!

22 Beiträge anzeigen

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.