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Vince Ebert extrapoliert: Was wäre, wenn wir alle Kohle- und Atomkraftwerke abschalten würden?

Was würde passieren, wenn Deutschland ab sofort nur noch auf Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen setzen würde? Das fragt sich Wissenschaftskabarettist Vince Ebert.
Der Kabarettist Vince Ebert

Die neuesten Proteste im Hambacher Forst haben es gezeigt: Viele Menschen in diesem Land wünschen sich, so schnell wie möglich auf Kohlekraftwerke zu verzichten. Der Atomausstieg ist ja sowieso schon beschlossene Sache. In Zukunft möchte Deutschland seinen Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien produzieren. Die komplette Energiewende ist das große Ziel. Doch ist das wirklich möglich? »Aber sicher!«, sagen die Befürworter. Immerhin produzieren wir ja schon heute an guten Tagen unseren gesamtem Strombedarf aus Wind- und Sonnenenergie. Und zwar so viel, dass wir zusätzlich sogar Kapazitäten ins Ausland exportieren können.

So schön das klingt, es ist leider nur die halbe Wahrheit. Für eine funktionierende Industrienation ist es nicht nur wichtig, dass genug Strom produziert wird; der Strom muss auch 100-prozentig verlässlich produziert werden. Um nicht einen überregionalen Blackout zu riskieren, ist es daher nötig, zu jeder Minute, rund um die Uhr, an allen Tagen im Jahr genügend Strom zu haben. Oder anders gesagt: Wenn unsere regenerativen Energien nur an einem Tag im Jahr nicht genug Strom liefern können, bringt es herzlich wenig, wenn an den anderen 364 Tagen Überproduktionen geliefert werden.

Es sei denn natürlich, wir hätten die Möglichkeit, den erzeugten Strom in großen Mengen zu speichern. Dann könnten wir ihn an wind- und sonnenreichen Tagen so lange »aufbewahren«, bis wir ihn benötigen. Doch diese Speicher gibt es bis dato leider nicht. Die bisher einzige Form, Strom in deutlichen Margen zu speichern, stellen Pumpspeicherkraftwerke dar. Das sind enorme künstliche oder natürliche Speicherbecken, in die man mit Hilfe von Energie riesige Wassermengen nach oben pumpt. Wenn später dann elektrischer Strom benötigt wird, lässt man das Wasser wieder nach unten fließen und wandelt dadurch die potenzielle Energie mit Hilfe von Turbinen und Generatoren erneut in elektrische Energie um.

Die entscheidenden Fragen der Energiewende also sind: Wie viele Pumpspeicherkraftwerke haben wir? Wie viel Strom kann damit gespeichert werden? Und wie lange kann diese gespeicherte Strommenge eine so genannte Dunkelflaute – also einen Zeitraum, in dem weder Wind weht noch die Sonne scheint – überbrücken?

Schauen wir uns dazu die nüchternen Zahlen an: Im Jahr 2017 hatten wir in Deutschland einen Jahresstromverbrauch von 530 Terawattstunden. Deutschland verfügt über 36 Pumpspeicherkraftwerke, die zusammen gerade mal 0,04 Terawattstunden speichern können. Deutlich mehr wird auch in Zukunft nicht möglich sein auf Grund der geografischen Lage des Landes.

Das heißt: Hätten wir in Deutschland lediglich Wind- und Sonnenenergie zur Verfügung, so würde bereits eine 40-minütige Dunkelflaute ausreichen, um sämtliche Pumpspeicherkraftwerke der Republik leer laufen zu lassen. Danach hätte das Land auf unbestimmte Zeit keinen Strom mehr. Es sei denn natürlich, wir kaufen ihn von unseren europäischen Nachbarn in Form von Kohle- oder Atomstrom. Merkt ja keiner, wenn der Strom aus der Steckdose kommt ...

Mehr Informationen über den Wissenschaftskabarettisten und Bestsellerautor unter www.vince-ebert.de.

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