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Lexikon der Biochemie: Ribulose-1,5-diphosphat-Carboxylase

Ribulose-1,5-diphosphat-Carboxylase, Ribulosediphosphat-Carboxylase/Oxygenase, Rubisco, Carboxydismutase, Pentosephosphat-Carboxylase, Fraktion-I-Enzym (EC 4.1.1.39), das Enzym, das für die Katalyse der photosynthetischen CO2-Fixierung bei allen photosynthetischen Organismen, außer den grünen Schwefelbakterien (Chlorobiaceae), verantwortlich ist. In Pflanzen kommt das Enzym im Chloroplastenstroma vor, wo es ungefähr 50 % des Gesamtproteins ausmacht. Im Fall der C4-Pflanzen ist das Enzym nicht im Chloroplastenstroma der Mesophyllzellen, sondern im Chloroplastenstroma der Bündelleitzellen vorhanden (Hatch-Slack-Kortschak-Zyklus). Aufgrund der weiten Verbreitung von chloroplastenhaltigem Gewebe in der Natur ist Rubisco wahrscheinlich das am meisten verbreitete Protein der Biosphäre. Bei photosynthetischen Bakterien kommt Rubisco im Cytoplasma vor. Neben der Katalyse der Carboxylierungsreaktion im Calvin-Zyklus besitzt Rubisco als zweite katalytische Aktivität die einer Oxygenase. Als solche fungiert es im Prozess der Photorespiration.

In Abb. 1 wird der Mechanismus der Carboxylasereaktion, die von Rubisco katalysiert wird, gezeigt. Man nimmt an, dass das Enzym zu Anfang die Tautomerisierung von D-Ribulose-1,5-diphosphat (Ru-1,5-bP) induziert, indem es vom C3 ein Proton abspaltet, wodurch ein Endiol gebildet wird. Letzteres erleichtert den nucleophilen Angriff des C2 auf CO2, wobei 2-Carboxy-3-keto-D-arabinitol-1,5-diphosphat (2R-Konfiguration) entsteht [J.V. Schloss u. G.H. Lorimer J. Biol. Chem. 257 (1982) 4.691-4.694]. Das Intermediat wird an C3 rasch durch ein Wassermolekül angegriffen. Dies führt zur Spaltung der C2-C3-Bindung und zur Bildung eines 3-Phosphoglycerinsäuremoleküls (3-PGA), das von den C-Atomen 3, 4 und 5 des ursprünglichen Ru-1,5-bP-Moleküls abstammt, sowie eines Moleküls der aci-Form von 3-PGA, das von den C-Atomen 1 und 2 und dem CO2-Kohlenstoff abstammt. Die aci-Form von 3-PGA wird sofort protoniert, wodurch 3-PGA erhalten wird. Auf diese Weise entstehen aus jedem Ru-1,5-bP-Molekül und einem CO2 zwei 3-PGA-Moleküle.

Der Mechanismus der Oxygenase-Reaktion, die durch Rubisco katalysiert wird, ist noch weitgehend unklar, kann jedoch in der in Abb. 2 gezeigten Weise dargestellt werden. Wahrscheinlich reagiert das Endiol, das auf die oben beschriebene Weise gebildet wird, mit Sauerstoff und einem Proton, wobei ein Hydroperoxid entsteht. Dieses wird zwischen den C-Atomen 2 und 3 hydrolytisch gespalten, wodurch 3-PGA (aus den C-Atomen 3, 4 und 5 des ursprünglichen Ru-1,5-bP-Moleküls) und 3-Phosphoglycolsäure (aus den C-Atomen 1 und 2) erhalten wird. Mit dieser Darstellung im Einklang steht die Beobachtung, dass die Verwendung von [18O]Sauerstoff zur Bildung von [18O]Phosphoglycolsäure sowie unmarkierter PGA führt. Das größte Problem bei dieser Reaktion stellt die Frage dar, wie es Rubisco möglich ist, Sauerstoff zu aktivieren. Da Sauerstoff einen Triplettgrundzustand besitzt, kann er nicht auf die gleiche Art wie die meisten organischen Moleküle reagieren, die im Singulettgrundzustand vorliegen. Die meisten Oxygenasen überwinden diese Schwierigkeit, indem sie Übergangsmetall- (z.B. Cu-, Fe-) Ionen oder organische Cofaktoren (z.B. Flavin, Pterin) verwenden, um einen Komplex mit O2 zu bilden. Die Rubisco-Oxygenase scheint diesem Verfahren nicht zu entsprechen; wahrscheinlich verläuft die Reaktion über ein freies Radikal [G.H. Lorimer Annu. Rev. Plant Physiol. 32 (1981) 349-383].

Bei den meisten photosynthetischen Organismen ist Rubisco ein lösliches Protein von Mr 560 kDa, das sich aus acht identischen großen Untereinheiten (LSU) von Mr 55kDa und acht identischen kleinen Untereinheiten (SSU) von Mr 15kDa zusammensetzt. Das Enzym besitzt demnach eine L8S8-Struktur. Dagegen liegt Rubisco der schwefelfreien Purpurbakterien Rhodospirillum rubrum als L2-Struktur vor. Andere Mitglieder der Rhodospirillaceae (z.B. Rhodobacter-Arten) besitzen zwei Rubisco-Arten: eine L8S8- und eine kleinere homooligomere Lx-Struktur (x ist geradzahlig). Die L-Untereinheiten von Pflanzen- und Bakterien-Rubisco haben Ähnlichkeit miteinander und bestehen alle aus drei verschiedenen Regionen: einer N-terminalen Domäne, einer zentralen, fassförmigen Domäne sowie einer kurzen helicalen C-terminalen Domäne. Sie sind paarweise angeordnet, wobei die katalytisch aktiven Zentren der Carboxylase und der Oxygenase an der Grenzfläche zwischen den Komponenten des Paars liegen. Die Funktion der kleinen Untereinheit ist nicht bekannt. Bei Eukaryonten wird die LSU durch die Chloroplasten-DNA codiert und in den Chloroplasten synthetisiert, während die SSU durch die nucleare DNA codiert, an cytoplasmatischen Ribosomen synthetisiert und in die Chloroplasten importiert wird, wo eine chaperonunterstützte Assoziation zum L8S8-Komplex stattfindet.

Rubisco kommt in zwei Formen vor – einer mit hohem Km(CO2)-Wert und einer mit niedrigem Km(CO2)-Wert –, die ineinander überführbar sind und die Grundlage eines Regulationsmechanismus darstellen. Die Form mit niedriger Aktivität [hoher Km(CO2)-Wert] wird durch Carbamylierung der ε-Aminogruppe eines Lysinrests in Position 210 der LSU (in Gegenwart von Mg2+, ATP und dem Enzym Rubisco-Aktivase) in die Form mit hoher Aktivität [geringer Km(CO2)-Wert] überführt:

LSU-Lys-NH

+ CO2 + ATP + Mg2+ → LSU-Lys-NH-COO-...Mg2+ + ADP + Pi + H+

(bei hohem CO2-Spiegel läuft diese Reaktion nichtenzymatisch ab).

Rubisco wird auch durch Erhöhung des pH-Werts (von ~7,0 auf ~8,5) sowie der Mg2+-Konzentration (von ~1mM auf ~5mM) aktiviert. Dies tritt auf, wenn sich als Folge der Bestrahlung des Chloroplasten ein elektrochemischer Gradient aufbaut. Eine Aktivierung der Carboxylase-Aktivität von Rubisco ruft auch eine Aktivierung ihrer Oxygenase-Aktivität hervor.

Rubisco wird durch 2'-Carboxy-D-arabinitol-1-phosphat inhibiert, welches sich im Dunkeln in den Chloroplasten ansammelt und im Licht rasch zerstört wird. Dieser sog. "predawn"-Inhibitor stellt sicher, dass während der Dunkelheit der Calvin-Zyklus ausgeschaltet bleibt. Dies ist lebenswichtig, weil der Calvin-Zyklus ATP benötigt, das durch eine Kohlenhydratoxidation im Dunkeln zur Verfügung gestellt werden müsste, einem Vorgang, der die Photosynthese des vorangehenden Tages aufheben würde. Die inhibitorische Wirkung von 2'-Carboxy-D-arabinitol-1-phosphat beruht wahrscheinlich auf dessen Ähnlichkeit mit 2-Carboxy-3-keto-D-arabinitol-1,5-diphosphat, dem Intermediat, das bei der Rubisco-katalysierten Carboxylierung (Abb. 1) gebildet wird. Aufgrund dieser Ähnlichkeit kann der Inhibitor an das katalytische Zentrum des Enzyms binden. Aus dem gleichen Grund ist 2'-Carboxy-D-arabinitol-1,5-diphosphat (Abb. 3), eine Verbindung, die nicht natürlich vorkommt, ein irreversibler Inhibitor von Rubisco; es bindet sehr fest an das Enzym (Kd ~300 fM). Die Carboxylase-Aktivität von Rubisco wird durch O2 kompetitiv inhibiert (Ki(O2) = 200-400 μM), während die Oxygenase-Aktivität durch CO2 kompetitiv inhibiert wird (Ki(CO2) = 20-40 μM).



Ribulose-1,5-diphosphat-Carboxylase. Abb. 1. Die durch Rubisco katalysierte Carboxylase-Reaktion. Die aci-Form von 3-PGA wird abschließend protoniert, so dass ein weiteres Molekül 3-PGA entsteht.



Ribulose-1,5-diphosphat-Carboxylase. Abb. 2. Die Oxygenase-Reaktion, die durch Rubisco katalysiert wird.



Ribulose-1,5-diphosphat-Carboxylase. Abb. 3. 2'-Carboxy-arabinitol-1,5-diphosphat, ein Rubisco-Inhibitor.

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