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Lexikon der Optik: Photoeffekt

Photoeffekt, photoelektrischer Effekt, Wechselwirkung von elektromagnetischer Strahlung mit Materie, insbesondere mit Festkörpern, bei welcher jeweils ein Photon seine Energie hν (h bedeutet das Plancksche Wirkungsquantum und ν die Lichtfrequenz) auf ein Elektron im Atomverband überträgt, so daß dieses im Innern des Materials frei beweglich wird (innerer P.) oder durch dessen Oberfläche ins Vakuum austreten kann (äußerer P.).

1) Beim inneren P., zu beobachten an Halbleitern und Isolatoren, wird die elektrische Leitfähigkeit durch die entstehenden Elektron-Loch-Paare erhöht (Photoleitfähigkeit). Die Ladungsträger folgen einem elektrischen Feld, das entweder durch eine äußere Spannung erzeugt wird (Photowiderstand) oder sich intern an einem pn-Übergang bzw. an einer Sperrschicht Metall/Halbleiter ausbildet (Photodiode, Photoelement). Im zweiten Falle führt dies zu einem teilweisen Abbau der Potentialbarriere am pn-Übergang bzw. an der Sperrschicht, und die Differenz in ihrer Höhe vor und nach Belichtung tritt als photoelektromotorische Kraft (Photo-EMK) im photovoltaischen Effekt in Erscheinung. Letzterer wird auch in der Solarzelle ausgenutzt.

2) Beim äußeren P., zu beobachten an Metallen, Halbleitern und Isolatoren, verlassen die angeregten Elektronen den Festkörper unter Aufwendung der photoelektrischen Austrittsarbeit A und treten mit einer kinetischen Energie Ekin ins Vakuum aus. Für diese Photoemission gilt die 1905 von A. Einstein aufgestellte Beziehung Ekin=hν-A. Innerer wie äußerer P. sind Quanteneffekte, die erst oberhalb bestimmter (materialabhängiger) Photoenergien hν0 auftreten und deren Stärke durch die Quantenausbeute Q≤1 (Zahl der pro absorbiertes Photon freigesetzten Elektronen) charakterisiert wird. Beim photoelektrischen Nachweis bestimmt Q(hν) die lichtelektrische Empfindlichkeit des Photoempfängers, und ν0 legt entsprechend der Beziehung νλ=c (c Lichtgeschwindigkeit) die langwellige Grenze λ0 des der Messung zugänglichen Wellenlängenbereiches fest.

3) Mehrquanten-P. Die mit Laserstrahlung realisierbaren hohen Photonenstromdichten machen auch P. höherer Ordnung der Beobachtung zugänglich. Bei der Mehrquanten-Photoemission wird die Austrittsarbeit durch die gleichzeitige Aufnahme der Energie von zwei oder mehr Photonen geleistet.

Photoelektronenspektroskopie. Der äußere P. gestattet, über die beim Strahlungsnachweis interessierende Zahl der Photoelektronen hinaus auch deren Energie- und Winkelverteilung zu messen und damit Aufschluß über die energetischen Verhältnisse im Innern des Photoemitters zu gewinnen. Eine solche Analyse von Photoelektronen, die durch UV- und Röntgenstrahlung aus dem Valenzband und inneren Elektronenschalen emittiert werden, liefert Aussagen zur Zusammensetzung, chemischen Bindung und Elektronenstruktur von Festkörperoberflächen. Im Photoemissionsmikroskop wird die Tatsache, daß die photoelektrische Austrittsarbeit nicht nur substanzspezifisch ist, sondern auch von der Kristallrichtung abhängt, zur Darstellung der Morphologie von Festkörperoberflächen genutzt.

Geschichtliches. Der innere P. wurde 1873 von W. Smith als belichtungsabhängige Leitfähigkeitsänderung von Selen, 1876 von W.G. Adams und R.E. Day als Photo-EMK an Se/Pt-Übergängen beobachtet. Von besonderer Bedeutung für die Entwicklung der Quantenphysik waren die ersten Arbeiten zum äußeren P. Sie wurden 1887 von H. Hertz durch "Untersuchungen zum Einfluß des ultravioletten Lichtes auf die electrische Entladung" angeregt und 1888 von W. Hallwachs fortgesetzt, der feststellte, daß bei Belichtung einer Metallplatte von dieser "negativ electrische Theilchen weggehen" und "den electrostatischen Kräften des Feldes folgen" können. P. Lenard machte 1902 die überraschende Feststellung, daß eine Erhöhung der Lichtintensität nur die Anzahl der ausgetretenen Elektronen vergrößerte, deren Geschwindigkeit jedoch unverändert ließ. Zudem fand er eine Frequenzabhängigkeit des Effektes in der Form, daß nur der ultraviolette Anteil des verwendeten Lichtes wirksam war. Eine einfache Deutung dieser Resultate gelang A. Einstein 1905 mit seiner Lichtquantenhypothese, auf die ihn Überlegungen zur Thermodynamik geführt hatten. Die aus der obengenannten Einsteinschen Beziehung folgende Abhängigkeit der Energie der Photoelektronen von der Lichtfrequenz wurde erst 1916 von R.A. Millikan experimentell bestätigt. Im Jahre 1927 zeigten E.O. Lawrence und J.W. Beams, daß die ersten Photoelektronen "gleichzeitig" (bei einer Meßgenauigkeit von 3 ns) mit dem Beginn der Belichtung auftraten. 1955 konnten A.T. Forrester, R.A. Gudmundsen und P.O. Johnson Interferenzen zwischen zwei frequenzmäßig unterschiedlichen monochromatischen Lichtwellen aus einer thermischen Quelle nachweisen. Sie schlossen aus der Frequenz von 1010 Hz des dabei photoelektrisch gemessenen Schwebungssignals, daß die Zeitdauer der Photoemission noch deutlich unter 10-10 s liegen müsse. Diese kurzen Zeiten sind, jedenfalls bei kleinen Lichtintensitäten, nur quantenmechanisch mit dem Bild räumlich lokalisierter "Energiepakete" (Photonen) verständlich, nicht dagegen mit der klassischen Vorstellung von einer kontinuierlichen Verteilung der Energie im Strahlungsfeld, da dann das gebundene Elektron eine endliche, mit abnehmender Intensität des Lichtes immer größer werdende "Akkumulationszeit" benötigen würde, um die erforderliche Energie hν aus dem Felde "aufzusammeln". Tatsächlich liefert die klassische Elektrodynamik für diese Akkumulationszeit im Falle des erwähnten Schwebungsexperimentes einen um mehrere Größenordnungen zu hohen Wert, selbst wenn berücksichtigt wird, daß ein Atom Strahlungsenergie aus einer im Vergleich zu seiner eigenen Dimension sehr großen Umgebung "aufzusaugen" vermag.

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