Mathematik: Abelpreis für Yves Meyer
Die Geschichte des diesjährigen Abelpreises beginnt mit einem verrückten Zufall. Yves Meyer steht 1984 Schlange am Kopierer in der Pariser École polytechnique. Beim Schwätzchen mit Kollegen erspäht er eine kurz zuvor erschienene Arbeit des Geophysikers Jean Morlet und des Physikers Alex Grossmann, in der es eigentlich um die Analyse seismischer Wellen geht – und entdeckt, dass er selbst, von einem viel theoretischeren Standpunkt aus, sich mit demselben Thema beschäftigt. Auf der Stelle nimmt er den nächsten Zug nach Marseille und stößt zu der Arbeitsgruppe, der neben Morlet und Grossmann einige weitere Forscher angehören, namentlich die belgische Mathematikerin Ingrid Daubechies. Aus der Zusammenarbeit erwächst eine ganze – nun preisgekrönte – Theorie. Der Name "ondelettes" ("Wellchen"), den Morlet seinen Objekten gab, wandert mitsamt dem französischen Diminutiv "-lettes" ins Englische: Heute sind die Wellchen allgemein als "Wavelets" bekannt.
Morlet und seine Kollegen sollten im Auftrag des Ölkonzerns Elf Aquitaine die Struktur des Untergrunds ermitteln und vor allem Auskunft darüber geben, ob dort Öl zu finden sei. Zu diesem Zweck pflegt man Miniaturerdbeben auszulösen, zum Beispiel mit einem gezielt geworfenen Betonklotz. Die Erschütterungen pflanzen sich wellenförmig durch den Erdboden fort, werden an Grenzen zwischen verschiedenen Materialien reflektiert und lassen sich an anderen Stellen mit Seismometern messen. Aus den so registrierten Wellen will man nun nützliche Informationen ziehen, insbesondere über die Struktur des Untergrunds ...
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