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Der Gleitschlag - Rudertechnik der Antike?

Ihre Überlegenheit verdankten die griechischen Seestreitkräfte des Altertums möglicherweise einem eingefetteten Polster. Diese Vorform des Rollsitzes wurde – nachdem sie lange vergessen war – von Sportruderern des 19. Jahrhunderts als probates Mittel wiederentdeckt, höhere Leistung und mehr Wendigkeit zu erreichen.

Anwohner des östlichen Mittelmeers befuhren, wie die Besiedlung von Inseln wie Kreta und Zypern in der frühen Jungsteinzeit beweist, schon vor rund 7000 Jahren die hohe See. Erste Schiffsdarstellungen aus dem dritten vorchristlichen Jahrtausend, gefunden auf den Kykladen, zeigen niedrige Paddel- oder Ruderboote ohne Mast. Segelschiffe kamen in dieser Region erst um 1200 vor Christus auf; und bis zum Ende des Altertums nutzte man Wind für gleichmäßigen Antrieb, Muskelkraft für hohe Beschleunigungen und rasche Wendemanöver.

In klassischer Zeit erlangten die Seestreitkräfte sogar enorme politische Bedeutung: Den Delisch-Attischen Seebund, 477 vor Christus als Kampfgemeinschaft griechischer Küsten- und Inselstädte zur Vertreibung der Perser aus der Ägäis gegründet, machte Athen mehr und mehr zum Herrschaftsinstrument; der zweite Attische Seebund von 378 vor Christus sollte die drohende Vorherrschaft Spartas verhindern.

Zu Tausenden wurden Bewohner der Polis aus den unteren Bevölkerungsschichten als Ruderer ausgebildet. Es waren immerhin 170 Männer erforderlich, um die athenische Triere mit ihren – wie der griechische Name schon besagt – drei Ruderbänken anzutreiben; davon saßen auf jeder Seite je 31 auf der obersten Bank und jeweils 27 auf der mittleren und unteren (Spektrum der Wissenschaft, Juni 1981, Seite 106).

Doch massenhafte Kraft allein genügte nicht, mußten die Bewegungen doch sehr synchron sein: Ein Trio hatte seine Riemen auf 30 Zentimeter genau zu führen, wollte es sich nicht verheddern, was wohl in einem Dominoeffekt die ganze Mannschaft durcheinandergebracht hätte (Riemen nennt man ein Antriebsruder, das mit beiden Händen geführt wird). Im Gegensatz zur Darstellung der Verhältnisse auf einer römischen Trireme im Film "Ben Hur" aus dem Jahre 1959 (Bild 3), waren die meisten Ruderer der klassischen griechischen Seestreitkräfte deshalb keine Sklaven, sondern trainierte und engagierte, weil bezahlte Bürger.


Ein mysteriöses Kissen

Der Athener Themistokles (um 525 bis 460 vor Christus) hatte die marineorientierte Strategie bereits angesichts der Aufrüstung des persischen Reiches begründet. Mit einer Flotte von 200 Schiffen besiegte er 480 vor Christus die Invasoren bei der Insel Salamis im Golf von Ägina. Dem bei seinen Landsleuten wenig beliebten Staatsmann machten konservative Ratsmitglieder desungeachtet zum Vorwurf, er habe den Athenern Schilde und Speere genommen – also das herkömmliche Landheer geschwächt – und ihnen stattdessen "Kissen und Riemen" gegeben.

Kissen als Ausrüstungsgegenstände der Kriegsmarine muten seltsam an, werden aber auch in anderen Quellen erwähnt. Gleichwohl waren sie bislang eines der vielen Rätsel der Technikgeschichte. Meines Erachtens dienten sie nicht der Bequemlichkeit, sondern militärischem Zweck und gehörten damit zu jenen vermeintlich bescheidenen Fortschritten, die wie der Steigbügel der Kavallerie oder der mittelalterliche Langbogen das Schicksal von Imperien entschieden haben.

Sicherlich war das Kissen der Ruderer ein alltäglicher und jedem bekannter Gegenstand, denn der griechische Gelehrte Eratosthenes von Kyrene (um 284 bis um 202 vor Christus) suchte die Form Mesopotamiens in seiner dreibändigen Geographie durch einen Vergleich damit zu veranschaulichen. Demzufolge war es in der Mitte breit und lief zu beiden Enden hin spitz zu. Die altgriechische Bezeichnung war hyperesion (wörtlich: unter dem Ruderer). Römische und byzantinische Gelehrte, die Wörterbücher für griechische Texte verfaßten, definierten es verschiedentlich als Fell, Leder oder Polster, das den Ruderer davor bewahrte, sein Gesäß zu sehr zu strapazieren. Sicher ist, daß es ihm angebunden war – und nicht nur auf See, beklagte doch ein öffentlicher Redner den lächerlichen Anblick Athener Besatzungen beim Landgang in fremden Häfen. Aber das hyperesion war Pflicht: So ist überliefert, daß jeder Seemann es auf dem Weg zu den Schiffen zusammen mit seinem Riemen tragen mußte, als die spartanische Flotte im Jahr 429 vor Christus Athen angriff.

Das Ruderkissen war offenbar eine Erfindung der Griechen. Zwar setzten andere Staaten und Völker ebenfalls geruderte Kriegsschiffe ein wie eben die Römer Triremen; doch gibt es in der lateinischen Sprache nicht einmal ein Wort dafür. Im Laufe der Geschichte scheint das Polster vergessen worden zu sein. Auf den venezianischen Galeeren des Mittelalters und der Renaissance war dergleichen jedenfalls nicht bekannt – in den mit Akribie geführten Inventaren Venedigs, die selbst noch die Mützen der Ruderer auflisteten, müßte es sonst Zeugnisse dafür geben.

Wozu diente aber diese Unterlage? Komfort und eine Steigerung des Wohlbefindens dürfte es kaum gewesen sein, waren doch beispielsweise die Spartaner aus Überzeugung an Entbehrungen und harten Kriegsdienst gewöhnt.

Der Anlaß für diese Neuerung scheint mir eher in der Rudertechnik zu liegen. Den seit den ersten Einbäumen und Flößen entwickelten Varianten gemeinsam ist das Prinzip, daß ein Riemen – im Gegensatz zum freihändig geführten Paddel – einen besseren Hebel und damit einen wirksameren Antrieb ergibt, wenn man den Schaft an der Seite des Gefährts drehbar fixiert. Wie der Ruderschlag aber im einzelnen auszuführen ist, richtet sich nach dem jeweiligen Boots- oder Schiffstyp. Die Bandbreite reicht vom noch heutzutage bei Fahrten im Hafen gebräuchlichen Wriggschlag, der einen einzelnen Riemen in eine Rundsel im Heck des Boots legt und das Blatt ähnlich einem Fischschwanz hin und her bewegt, über das Skullen, bei dem jede Hand einen Schaft führt, der sich in der Dolle – eines Auflagers in Form von Pflock oder Gabel auf der Bordwand – drehen kann, bis zum Laufschlag auf mittelalterlichen Galeeren, deren riesige, mitunter von mehreren Ruderern gefaßte Riemen ein Vor- und Zurückgehen erforderten.


Wildleder und Butter

Um 1850 begannen Briten, Kanadier und Amerikaner eine neue Technik im Rahmen sportlicher Wettkämpfe zu erproben, die ganz entscheidend von der Verwendung eines Lederkissens abhing – und damit einen Hinweis auf jenen Gegenstand der Antike gibt: Ein Polster aus Waschleder, einem sehr weichen und geschmeidigen Material, wurde am Hosenboden angenäht und eingefettet; damit konnte der Ruderer auf seiner Ducht (dem flachen Brett, das als Sitzfläche diente) vor und zurück gleiten. Das verlängerte seinen Schlag, indem Arm- und Rückenbewegungen durch den kraftvollen Stoß der Beinmuskeln ergänzt wurden.

Der "Annual Illustrated Catalogue and Oarsmen's Manual" von George T. Balch beschrieb diese Neuerung 1871 so: "Der Sitz besteht aus der dünnen Planke eines harten, feinmaserigen Holzes, meist Kirsche. Die Maserung verläuft in Längsrichtung des Bootes, und die Oberfläche ist glatt poliert. Um die Reibung noch mehr zu verringern, werden sowohl diese Fläche als auch die Pantalons des Ruderers, die mit Waschleder verstärkt sein sollten, mit Schmiere gleitfähig gemacht." Balch sprach von der Wildleder-und-Butter-Strategie (buckskin and butter plan). Daß mit ihrer Anwendung nicht nur Siege, sondern auch Schmerzen verbunden sein konnten, belegt sein Ausrüstungskatalog: Er enthielt Anzeigen für Heilsalben zur Behandlung von Schürfwunden und Blasen.

Meisterschaftstitel wurden damals mitunter mit umgerechnet etlichen tausend Mark recht hoch dotiert. Deshalb setzten sich bessere Techniken schnell durch (Bild 1 unten). Da der Auflagepunkt den Riemen in einen kurzen und einen langen Hebelarm unterteilt, vermag man mit jedem zusätzlichen Zentimeter einer Vorwärtsbewegung am Holmgriff das Eintauchen des Ruderblatts um mindestens zwei Zentimeter weiter nach hinten zu verlegen. Ein fester Sitz hingegen erzwingt stets einen kurzen Schlag (Bild 2).

Das Rutschen brachte zudem nicht nur mehr Geschwindigkeit auf gerader Strecke, sondern war auch günstig bei der Wende. Bei Wettrennen im 19. Jahrhundert war meist die Start- zugleich die Ziellinie; es galt also, einen im Wasser verankerten Pfahl zu umrunden und auf demselben Kurs zurückzufahren. Ein längerer Schlag an der Außenseite der Kurve vermochte das Boot rasch um den Wendepunkt zu ziehen. Der Gleitschlag nach Balchscher Wildleder-und-Butter-Methode eignete sich dafür am besten.

Im Laufe der Zeit ersetzte man das eingefettete Kissen durch mechanische Mittel, um die Gleitbewegung noch länger und leichter zu machen: Der Sitz wurde auf Räder montiert und in hölzerne Schienen gestellt. Derartige Rollsitze sind heutzutage wesentlicher Teil der Ausrüstung von Rennruderbooten. Doch ist ihr Einsatz nicht unter allen Umständen angebracht: Australische Rettungsmannschaften etwa, die durch schwere Brandung rudern müssen, dürfen kein Klemmen oder Zerbrechen mechanischer Vorrichtungen riskieren und gleiten mit dem Gesäß auf entsprechend geformten, kunststoff-beschichteten, aber fest montierten Bänken.


Die Wahrheit in der Komödie

Es scheint mir naheliegend, daß auch die griechischen Ruderer der Antike ihre Kissen für einen kraftvolleren, gleitenden Schlag nutzten. Dafür gibt es weitere Indizien, insbesondere künstlerische Darstellungen, literarische Berichte und die belegten Schiffbautechniken. So zeigen Reliefs und bemalte Keramiken griechische Ruderer mit hochgestellten Knien, die Füße gegen den Sitz des Vordermannes gestemmt (Bild 1). In dieser Position vermag sich der Oberkörper nur eingeschränkt zu bewegen, ohne Gleiten ließe sich kaum ein wirkungsvoller Schlag erzielen. Kurioserweise stammen einige Informationen aus athenischen Komödien. Diese Satiren hatten ein Publikum zu unterhalten, das hauptsächlich aus armen Bürgern bestand, wie sie auch auf den Trieren Dienst taten, die also sachverständig waren. In einem Stück des Dichters Aristophanes (um 445 bis um 385 vor Christus) ahmt beispielsweise ein Chor von Fröschen die Schreie eines Ruderneulings nach, der Blasen an seinen Hinterbacken beklagt, wie sie eben beim Gleiten auftreten. Der Dramatiker Eupolis (gestorben bald nach 412 vor Christus) beschrieb, wie der alte Kommandeur Phormio einem unwilligen Matrosen das Rudern beibrachte. "Hör auf zu spritzen!" war der erste zornige Befehl, der sich auf jeden Ruderstil beziehen könnte; aber das zweite Kommando – "Streck dein Bein!" – ist nur beim Gleitschlag sinnvoll.

Um höhere Geschwindigkeit zu erreichen, entwickelten Bootskonstrukteure des 19. Jahrhunderts einen tiefliegenden, stromlinienförmigen Rumpf. Dabei verschwand die Ruderbank, und der Sitz des Athleten wurde auf die Ebene seiner Füße verlegt. Zudem vergrößerte man den Abstand zwischen Griff- und Angelpunkt des Riemens und damit den Krafthebel durch einen Ausleger um 30 Prozent (Bild 4).

Die antiken griechischen Ingenieure kamen – wie die erwähnten Darstellungen nahelegen – zu demselben Ergebnis. Vorläufer der Triere waren der Pentekonter mit nur einer und die Bireme mit zwei Reihen von Ruderern pro Seite. Um noch mehr Männer im Rumpf unterzubringen, wurde die dritte Sitzreihe eingebaut. Andererseits suchte man den Fahrtwiderstand möglichst gering zu halten, also eine langgestreckte Form zu bewahren, und pferchte die Seeleute dicht an dicht zusammen. Damit die Riemen der oberen Reihe nicht mit denen der unteren kollidierten, wurden hölzerne Ausleger angebracht und so die Drehpunkte der oberen Reihe nach außen gelegt. Zwar war die außenbords liegende Mechanik bei einer Seeschlacht ein Schwachpunkt; aber sofern die griechische Flotte den Gleitschlag nutzte, erhöhte die Konstruktion Tempo und Manövrierfähigkeit.


Gleitschlag als Kampftechnik

Die Trieren des klassischen Griechenlands waren mit einem schweren, bronzebeschlagenen Rammsporn am Bug in Höhe der Wasserlinie ausgerüstet – gegnerische Schiffe suchte man leckzustoßen oder kentern zu lassen (Bild 6). Zwar kombinierte man Riemen und Segel bei der einfachen Fahrt; während einer Schlacht wurden Trieren und vergleichbare Schiffe jedoch allein von Hand bewegt, Mast und Segel zuvor an Land deponiert. Kampfhandlungen fanden meist in der Morgendämmerung statt, denn dann begünstigte noch ruhige See den optimalen Einsatz der Riemen, zumal die Schiffe extrem leicht gebaut und damit nicht sehr belastbar waren.

Gerammt wurde ein Schiff entweder auf einer Längsseite oder im Bereich des Hecks (frontale Zusammenstöße richteten meist ebensoviel Schaden am eigenen Schiff wie an dem des Gegners an). Insbesondere für die Attacke von achtern gab es zwei Manöver, die beide schnelle, scharfe Wenden erforderten:

- Beim diekplous (Durchfahren) durchbrach der Angreifer den feindlichen Verband und suchte hinter ein gegnerisches Fahrzeug zu gelangen (Bild 5 links);

- beim periplous (Herumfahren) konterkarierte der Angreifer den Versuch der Gegner, ein Durchbrechen zu verhindern; wenn diese ihre Lücken schlossen oder gar Schiffe in zwei Reihen positionierten – beschleunigte die attackierende Triere überraschend und umfuhr die nun schmalere Front (Bild 5 rechts).

Mit einer Variante der Umfahrung zog sich im späten Oktober des Jahres 429 vor Christus, während der Anfangsphase des Peloponnesischen Kriegs, der erwähnte Phormio aus der Klemme: Sein Flaggschiff "Paralos" wurde von einer Triere des spartanischen Kommandanten Timokrates auf einen Hafen zu getrieben, und konnte nicht wenden, ohne die Breitseite dem gegnerischen Rammsporn auszusetzen. Zufällig lag ein Handelsschiff vor dem Hafen vor Anker. Als die "Paralos" auf gleicher Höhe war, nutzten es die Athener als Schutzschirm und wendeten nicht nur um 180, sondern sogar um 270 Grad. Timokrates blieb keine Zeit für Ausweichmanöver, und seine Triere wurde mittschiffs gerammt; beschämt durch die plötzliche Umkehr des Glücks, tötete er sich auf der Stelle. Meines Erachtens läßt sich der Verlauf dieses Kampfes nur verstehen, wenn Phormios hervorragend trainierte Besatzung den Gleitschlag perfekt beherrschte, sonst hätte sie das Manöver nicht bei voller Geschwindigkeit ausführen können.

Versprach weder diekplous noch periplous Erfolg, konnte eine sehr schnelle, enge Wende um 90 Grad im Vorbeifahren den Rammsporn gegen die Breitseite des Gegners richten. Ein solches Hakenschlagen entschied im späten September 480 vor Christus die Seeschlacht bei Salamis. Die Flotte des persischen Königs Xerxes I. (um 519 bis 465 vor Christus) bestand im Kern aus Schiffen der phönikischen Städte Tyros und Sidon. Diese Trieren hatten keine Ausleger, ein Hinweis darauf, daß die Phönizier nicht den Gleitschlag einsetzten. Die Invasoren blockierten die Meerenge von Ufer zu Ufer, und die an Zahl weit unterlegenen Griechen vermochten diese Mauer aus Schiffen weder zu umfahren noch zu durchbrechen. Trotzdem ergriffen sie die Initiative. Einem Augenzeugen zufolge eröffnete ihre vorderste Triere den Kampf mit einer so scharfen Wende, daß die Ramme den Bug des Gegners gänzlich abtrennte. Viele andere Vorstöße der attischen Flotte waren ähnlich erfolgreich, und manövrierunfähige persische Schiffe behinderten bald die noch seetüchtigen, die zu wenden und zu fliehen versuchten. Schließlich gelang es den Griechen unter Themistokles, den stark angeschlagenen linken Flügel der Invasoren zu umfahren – sie waren umzingelt. Wären die phönikischen Seeleute fähig gewesen, gleichfalls bei hoher Geschwindigkeit scharf zu wenden, hätten die Griechen nie den kritischen Ausgangsvorteil erringen können.

Nach dem Rückzug von Xerxes und seinen Verbündeten gewann Athen die Überlegenheit über die Inseln und Städte der Ägäis. Ausschlaggebend war die Bereitschaft, eine aufwendige Marine zu unterhalten: Die Athener bezahlten zeitweilig 12000 Ruderern acht Monate Training pro Jahr.


Eine Fußnote der Historie

Indes begannen bald andere seefahrende Völker eigene innovative Techniken zu entwickeln. Naheliegend war, die Zahl der Ruderer zu erhöhen. So lief 400 vor Christus in Karthago die erste Quadrireme, ein Schiff mit vier Ruderbänken, vom Stapel. Des weiteren entstanden Konstruktionen mit mehr Männern pro Riemen. Nur Athen hielt noch lange an seinem bewährten Schiffstyp fest: Noch 330 vor Christus bestand seine Flotte aus 492 Trieren und 18 Quadriremen.

Vermutlich machten transportable Katapulte den Rammsporn und die Finesse der athenischen Berufsruderer obsolet. Damit konnte ein feindliches Schiff aus großer Entfernung mit Steinen oder Spießen beschossen sowie schließlich mit Haken herangezogen und geentert werden. Die antiken Kriegsschiffe wandelten sich allmählich zu mobilen Plattformen für kleine Armeen von Marine-Infanteristen: Während griechische Trieren nur 15 bis 30 Soldaten an Bord hatten, waren es auf römischen Quinqueremen bis zu 120 und bei der größten antiken Schiffskonstruktion, einem Katamaran, angeblich sogar 2850 (außer 4000 Ruderern).

Der Gleitschlag scheint nur in einigen Gewässern fern der Ägäis überdauert zu haben. Ein letzter Hinweis auf das Ruderkissen erscheint in einem Papyrus, der die Ausrüstung eines kleinen griechischen Schiffs auf dem Nil auflistete – mehrere Jahrhunderte nachdem die Triere verdrängt worden war.

Immerhin – für die Athener hatte der Sieg über die Kriegsflotte des Xerxes tiefgreifende Folgen gehabt: Sie garantierten fortan die Sicherheit des Fernhandels, konsolidierten die Polis und vollendeten die Demokratie. Die Überführung der Seebundkasse von Delos nach Athen ermöglichte die Finanzierung der Reformen, eines umfangreichen Bauprogramms auf der Akropolis sowie die Förderung von Dichtkunst und Philosophie. Die Basis dafür, daß die Stadt in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts vor Christus zum Machtzentrum und kulturellen Mittelpunkt der griechischen Welt wurde, waren der Schweiß von ein paar tausend geschickten Ruderern – und ein rutschiges Kissen.

Literaturhinweise

- A Text-Book of Oarsmanship, with an Essay on Muscular Action in Rowing. Von Gilbert Charles Bourne. Oxford University Press, 1925.

– The Athenian Trireme: The History and Reconstruction of an Ancient Greek Warship. Von John S. Morrison und John F. Coates. Cambridge University Press, 1986.

– The Story of World Rowing. Von Christopher Dodd. Stanley Paul, 1992.

– Ships and Seafaring in Ancient Times. Von Lionel Casson. University of Texas Press, 1994.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 9 / 1996, Seite 90
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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