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Meereskunde: Teamgeist in der Tiefsee

Marine Mikroorganismen zeichnen sich durch eine erstaunliche Kooperationsfähigkeit aus. Diese Zusammenarbeit prägte vermutlich schon früh das Leben auf der Erde – und ermöglichte vielleicht erst unsere Existenz.

In etwa 800 Meter Wassertiefe enthüllen die flackernden Scheinwerfer des Tauchboots »Alvin« eine farbenprächtige Oase. Plüschteppiche aus weißen, gelben und orangefarbenen Mikroorganismen bedecken den von Muschelfeldern durchsetzten Meeresboden. Rote Felsenbarsche beobachten mit ihren hervorstehenden, milchig-trüben Augen argwöhnisch das Unterwasserfahrzeug; gleichzeitig blubbert es aus bizarr geformten Kalkschloten. Der Lichtkegel bietet unerwartete Einblicke und lockt uns immer tiefer in diese fremdartige Unterwasserwelt, von der das meiste verborgen im Dunkeln liegt.

Auf jener Expedition im Jahr 2010 hatte sich einer von uns (Marlow) zusammen mit zwei weiteren Forschern wenige Stunden zuvor in die enge Titanglaskugel der Alvin gezwängt. Wir drückten unsere Nasen an die kreisrunden Bullaugen, während wir durch das Blau der Tiefe hinabsanken. Unser Ziel war der Hydratrücken vor der Küste Oregons – ein felsiger Bereich des Meeresbodens, an dem beträchtliche Mengen Methan aus der Erdkruste gepresst werden. Da immer mehr dieser unterseeischen Methanquellen entdeckt wurden (allein auf einer Expedition im Ostpazifik stieß man 2016 auf 450 Exemplare), interessieren sich Wissenschaftler zunehmend dafür, wie sich diese Regionen auf die Umwelt auswirken. Schließlich gilt Methan als starkes Treibhausgas: Obwohl es lediglich 0,00018 Prozent der Atmosphäre ausmacht, trägt es 20 Prozent zum Erderwärmungspotenzial bei. Schätzungen zufolge stammt etwa ein Zehntel des Methans, das jährlich in die Atmosphäre gelangt, aus jenen Quellen am Meeresgrund. Ein solch unkontrollierter Gasblasenstrom würde sich verheerend auf unser Klima auswirken – wenn es nicht etwas gäbe, das eine übermäßige Gasanreicherung in der Atmosphäre verhindert: Mikroorganismen …

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  • Quellen

Boetius, A. et al.:A marine microbial consortium apparently mediating anaerobic oxidation of methane. Nature 407, 2000

Braakman, R. et al.:Metabolic evolution and the self-organization of ecosystems. PNAS 114, 2017

Chrisholm, S. W. et al.:A novel free-living prochlorophyte abundant in the oceanic euphotic zone. Nature 334, 1988

Hug, L. A. et al.:A new view of the tree of life. Nature Microbiology 1, 16048, 2016

Keeling, P. J., McCutcheon, J. P.:Endosymbiosis: The feeling is not mutual. Journal of Theoretical Biology 434, 2017

Marlow, J. J. et al.:Carbonate-hosted methanotrophy represents an unrecognized methane sink in the deep sea. Nature Communications 5, 5094, 2014

McGlynn, S. E. et al.:Single cell activity reveals direct electron transfer in methanotrophic consortia. Nature 526, 2015

Partensky, F. et al.:Prochlorococcus, a Marine Photosynthetic Prokaryote of Global Significance. Microbiology and Molecular Biology Reviews 63, 1999

Peckmann, J. et al.:Methane-derived carbonates and authigenic pyrite from the northwestern Black Sea. Marine Geology 177, 2001

Shade, A. et al.:Fundamentals of microbial community resistance and resilience. Frontiers in Microbiology 3, 417, 2012

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