Direkt zum Inhalt

News: 2:1 für rückwärtsgerichtete Geisterflieger

Wer beim Sonnenbaden braun werden, aber nicht einseitig anbrennen möchte, muss sich ab und zu umdrehen. Offenbar machen das auch Asteroiden, die eigentlich ihre Bahnen zwischen Mars und Jupiter ziehen sollten - und geraten dabei auf Abwege Richtung Erde.
Asteroid
Manchmal kommt es auf die Feinheiten an, wenn man auf der Suche nach dem Grund für einen großen Effekt ist. Wieso verlassen zum Beispiel immer wieder Asteroiden aus dem Planetoidengürtel zwischen Mars und Jupiter ihren Orbit und driften auf gefährlichem Annäherungskurs zur Erde? Werfen die Felsbrocken sich vielleicht gegenseitig durch Kollisionen aus den angestammten Bahnen? Lange Zeit hatte man das angenommen, doch diese Theorie konnte die Wege der erdnahen Asteroiden nicht hinreichend erklären. Der wahre Auslöser ist viel subtiler, glauben Paolo Paolicchi von der Universität Pisa und seine Kollegen. Ihrer Ansicht nach sind es winzigste Kräfte, die da wirken – nämlich der Impuls von Photonen.

Ein einzelnes Photon kann natürlich nicht viel ausrichten. Aber wenn ein Asteroid sich im Sonnenlicht badet, bekommen einige Bereiche mehr Strahlung ab als andere, die sie wieder als Wärme emittieren. Das ist jedes Mal mit einem winzigen Impuls verbunden. Stoß für Stoß sammelt sich so an und beeinflusst mit den Jahren die Rotation des Körpers und schließlich sogar seine Umlaufbahn. Erst im Dezember letzten Jahres gelang Wissenschaftlern der Nachweis, dass dieser so genannte Jarkowski-Effekt tatsächlich selbst mehrere hundert Meter große Brocken auf die schiefe Bahn bringen kann.

Und offenbar tut er das mit großer Begeisterung. Als das Team um Paolicchi die Umlaufdaten von 21 erdnahen Asteroiden untersuchte, stellten die Forscher fest, dass 14 davon gegen den Drehsinn der Erde rotierten, nur 7 hatten die gleiche Drehrichtung. Genau dieses Verhältnis von 2:1 lieferten auch theoretische Berechnungen, die den Jarkowski-Effekt als Antrieb für die Kursänderung sehen. Wären hingegen Zusammenstöße im Asteroidengürtel die Ursache, müsste das Verhältnis der Rotationen etwa ausgeglichen sein.

Sollte sich das Ergebnis in weiteren Studien erhärten, ergäben sich einige interessante Folgerungen. So wird weithin angenommen, die Dinosaurier wären an den Folgen eines Meteoriteneinschlags auf der Erde ausgestorben. Könnte es dann sein, dass den "schrecklichen Echsen" eine ungerecht verteilte Portion Sonne auf einem abgelegenen Gesteinsbrocken zum Verhängnis geworden ist? Die gewaltigsten Landtiere aller Zeiten wären also von der mickrigen Kraft gewöhnlicher Photonen besiegt worden. Gewissermaßen der vorbiblische Triumph eines physikalischen Davids gegen einen biologischen Goliath – und immer bringt ein geworfener Stein die Entscheidung.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Quellen

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.