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News: Autoimmunantwort gegen HIV

Wenn sich das Immunsystem irrt und körpereigene Zellen angreift, kann das zu verheerenden Krankheiten wie rheumatischer Arthritis, Multipler Sklerose oder Morbus Crohn führen. Nun wollen amerikanische Wissenschaftler durch eine absichtlich ausgelöste Autoimmunantwort eine HIV-Infektion verhindern. Das Immunsystem erkennt ein menschliches Protein, das auf einem Virus befestigt ist, nicht mehr als körpereigen und bildet Antikörper gegen dieses vermeintlich 'virale' Eiweiß. Auf diese Weise konnte man bereits Antikörper gegen CCR5 herstellen, einen Zelloberflächen- Rezeptor, an den auch HIV bindet.
Bei der Entwicklung von Impfstoffen gegen den human immunodeficiency virus (HIV) stoßen Forscher auf eine ganze Reihe von Problemen. Frühere Studien zeigten aber, dass eine effektive Strategie gegen den Virus die Blockade des Zelloberflächenproteins CCR5 darstellen könnte. Der Chemokin-Rezeptor dient als Corezeptor von CD4 und spielt somit eine entscheidende Rolle für den Eintritt des Virus in die Zelle. Menschen mit zwei kaputten Kopien des CCR5-Gens, scheinen weniger anfällig gegen eine HIV-Infektion zu sein und im Falle einer Ansteckung erst zu einem sehr späten Zeitpunkt Aids zu entwickeln. Außerdem nehmen die Menschen offenbar keinerlei Schaden, wenn ihr CCR5-Rezeptor ausfällt, bemerkt Edward Berger vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases in der Nähe von Washington DC. "Es ist ein wirklich interessanter Ansatz, Antikörper gegen CCR5 einzusetzen."

Mediziner verwenden schon seit längerem speziell hergestellte Antikörper, um Erkrankungen wie Schuppenflechte, Arthritis oder Crohn Krankheit zu behandeln. Aber der Körper beseitigt diese Proteinstrukturen schon nach wenigen Stunden bis Wochen, so dass Patienten fortwährend Injektionen benötigen. John Schiller vom National Cancer Institute versuchte, den Körper dazu zu bewegen, Antikörper gegen sich selbst zu produzieren. Manchmal löst ein virales Protein, das einem menschlichen ähnelt eine Autoimmunreaktion aus. Daher vermutete er, dass er eventuell auch einen Virus verwenden könnte, um Antikörper gegen den CCR5-Rezeptor zu bilden.

Schiller und seine Kollegen stellten einen Impfstoff her, der virus-ähnliche Teilchen der äußeren Hülle des menschlichen Papillomavirus enthielt, an denen das CCR5-Protein aus Mäusen befestigt war. Letztes Jahr konnten die Forscher mit Hilfe dieses Impfstoffs Mäuse zur Bildung von Antikörpern anregen, die gegen ihren eigenen CCR5-Rezeptor banden. Eine ähnlichen Versuch unternahmen sie jetzt mit Makaken. Ein Viruspartikel der mit dem Affen-CCR5 besetzt war, rief die Bildung einer großen Menge von Antikörpern gegen den Rezeptor hervor. Als nächstes wollen die Wissenschaftler die Affen mit einem HIV-ähnlichen Virus infizieren, um zu testen, ob die Antikörper die Tiere schützen. "Wenn wir es in Makaken schaffen, dann ist die Chance, dass es bei Menschen nicht funktioniert, sehr gering", sagt Schiller.

Aber der Mediziner James Marion von der Mount Sinai School of Medicine in New York hat Bedenken: "Wenn man CCR5 ausschaltet, könnte das seinen Preis haben. Wir basteln hier an sehr undurchsichtigen Prozessen herum." Aber CCR5 könnte ein besonderer Fall sein: Weder die Mäuse noch die Makaken in Schillers Experimenten zeigten Zeichen von Beeinträchtigungen oder unerwünschten Nebenwirkungen der Behandlung.

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