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Fluorierte Verbindungen: Bakterium zerstört »unzerstörbare« Schadstoffe

Eine Klasse von extrem stabilen Industriechemikalien, die sich in der Umwelt anreichern, erweist sich als biologisch abbaubar.
Wasser fließt aus einem Plastikrohr in ein Oberflächengewässer.

Ein Bodenbakterium ist in der Lage, Fluoratome von einer extrem langlebigen und vermutlich gesundheitsschädlichen Klasse von Umweltchemikalien abzuspalten. Wie Shan Huang und Peter R. Jaffé von der Princeton University berichten, baut eine Linie der Gattung Acidimicrobium binnen 100 Tagen Perfluoroctansäure (PFOA) und Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) zu 60 Prozent ab. Die Substanzen sind wegen ihres Fluorgehalts extrem stabil und reichern sich in der Umwelt und in der Nahrungskette an – auch in Deutschland kann man die Substanzen in Nahrung und Trinkwasser nachweisen. Fachleute sehen Indizien dafür, dass die Stoffe bei höheren Konzentrationen gesundheitsschädlich sind; das Bundesinstitut für Risikobewertung schloss in einer Stellungnahme vom August 2019 eine Gesundheitsgefahr für die Bevölkerung durch diese Stoffe nicht mehr aus.

PFOA und PFOS gehören zu einer Gruppe von Industriechemikalien, in denen Wasserstoffatome durch Fluor ersetzt wurden. Diese Veränderung gibt den Stoffen neue, erwünschte Eigenschaften – ein Beispiel sind Antihaftbeschichtungen aus dem Kunststoff Polytetrafluorethen (PTFE) –, macht sie aber wegen der sehr stabilen Bindung von Fluor mit Kohlenstoff extrem schwer abbaubar. Gleichzeitig gelangen immer mehr dieser Stoffe in die Umwelt, während ihre Bedeutung für die menschliche Gesundheit bisher nur unzureichend erforscht ist. Deswegen suchten Huang und Jaffé nach einem Organismus, der diese Bindung knacken kann, und wurden bei Acidimicrobium fündig, schreiben sie in »Environmental Science and Technology«. Das Bakterium gewinnt Energie, indem es mit Ammonium als Elektronenquelle Eisen reduziert – in Gegenwart fluorierter Substanzen jedoch fließt ein Teil der Elektronen in die Produktion von Fluorid, einem harmlosen anorganischen Salz. Da der Eisen-Ammonium-Stoffwechsel in der Umwelt weit verbreitet ist und abläuft, sobald ein Boden sauer und eisenreich ist, sehen die Forscher in ihrer Entdeckung eine große Chance, fluorierte Chemikalien aus der Umwelt zu entfernen.

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