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Schädel-Hirn-Trauma: Eier sollen Hirnschäden durch Schläge simulieren

Experimente mit Eiern sollen zeigen, was ein harter Schlag gegen den Schädel physikalisch mit dem Gehirn macht. Allerdings hat die Analogie auch Grenzen.
Ein zerbrochenes Ei auf einem weißen Tisch.

Versuche mit Eiern zeigen: Ein Kinnhaken ist für das Gehirn gefährlicher als ein frontaler Schlag auf die Nase. Zu diesem Ergebnis kommen Ji Lang, Rungun Nathan und Qianhong Wu von der Villanova University in Pennsylvania in einer Veröffentlichung in »Physics of Fluids«. Sie untersuchten, wie sich das Eigelb verformt, wenn das gesamte Ei abrupt beschleunigt wird – wie eben der Kopf durch einen harten Schlag. Dabei fanden sie, dass sich der Dotter viel stärker verformt, wenn der Schlag eine Rotationsbewegung erzeugt, als wenn das Ei frontal gestoßen wird. Auf Basis der grundsätzlichen Gemeinsamkeiten zwischen Ei und menschlichem Kopf kommen sie deswegen zu dem Schluss, dass ähnliche physikalische Effekte auch dort auftreten. Demnach seien größere Verformungen – und damit ernstere Hirnschäden – zu erwarten, wenn ein Schlag den Kopf in Rotation versetzt.

Wie sie argumentieren, ähnelt ein Hühnerei physikalisch dem menschlichen Kopf: Im Inneren befindet sich ein weicher Klumpen, der von einer Flüssigkeit umhüllt und außen durch eine harte Schale geschützt ist. Der Dotter entspricht dem Gehirn, das Eiweiß der umgebenden Zerebrospinalflüssigkeit und die Eierschale dem Schädel. Entsprechend sollten auch die wirkenden Kräfte und die Wechselwirkungen zwischen den Komponenten vergleichbar sein. Um diese beim Ei beobachten zu können, füllten Lang und seine Kollegen das Ei aus der Schale in einen durchsichtigen, harten Behälter, der in einer Versuchsapparatur aufgehängt war, mit der die Forscher verschiedene Arten von Beschleunigungen erzeugten.

Inspiriert habe sie zu den Experimenten ein Gerät, mit dem man Eier schlagen kann, ohne sie zu zerschlagen, berichten die drei Forscher: Es zerstört den Dotter und vermischt Eigelb und Eiweiß, ohne die Schale zu beschädigen. Sie wollten untersuchen, welche Kräfte und Effekte dabei auftreten. Dabei fanden sie heraus, dass ein frontaler Schlag den Eidotter kaum verformt; Rotation hat einen größeren Effekt.

Das Team verweist an diesem Punkt darauf, dass ein Schlag auf das Kinn das größtmögliche Drehmoment auf den Schädel ausübt und womöglich deswegen so effektiv ist. Auf einen Vergleich ihrer Resultate mit einschlägiger medizinischer Fachliteratur zu Hirnschäden scheinen die Autoren jedoch verzichtet zu haben.

Außerdem kommen sie zu dem Ergebnis, dass es einen Unterschied macht, ob das Ei abrupt in Rotation versetzt oder abrupt aus einer Rotation heraus abgebremst wird. Im letzteren Fall verformt sich der Dotter weitaus stärker, weil er weniger gebremst wird als die umgebende Flüssigkeit und durch die Zentrifugalkraft nach außen gezerrt wird. Allerdings zeigt sich hier auch die Grenze der Analogie zwischen einem Kopf und einem Ei: Das Gehirn rotiert üblicherweise nicht frei im Schädel. Und wenn doch, spielen weitere Verformungen durch Zentrifugalkräfte keine wesentliche Rolle mehr.

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