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Physik: Geheimnis des Quantensprungs gelüftet?

Mit einem ausgeklügelten Experiment nähern sich Physiker einem 100 Jahre alten Rätsel: Was passiert vor einem Quantensprung? Und lässt sich dieser wirklich nicht stoppen?
Quantensprung

Der Quantensprung ist ein ewiges Missverständnis: Immer wieder taucht er in den Reden von Politikern und Unternehmern auf und dient dort als Metapher für eine gewaltige Veränderung. Physiker zucken in solchen Situationen für gewöhnlich zusammen, denn Quantensprünge sind eigentlich bloß winzige Hüpfer von Elektronen zwischen verschiedenen Schalen eines Atoms.

Besonders an ihnen sind drei Dinge: Erstens sind die Sprünge nur zwischen bestimmten Energieniveaus möglich. Zweitens scheinen die Hüpfer zufällig zu erfolgen. Und drittens kann man die Elektronen während des Kunststücks nicht beobachten oder beeinflussen. So sah es zumindest der berühmte Physiker Niels Bohr, der sich das Konzept 1913 ausdachte.

Doch dieses traditionelle Bild könnte nicht ganz stimmen, berichtet nun ein Team um Zlatko Minev von der Yale University im Fachmagazin »Nature«. Den Forschern zufolge könnte es einerseits Indizien geben, dass ein Quantensprung unmittelbar bevorsteht. Andererseits lasse sich dieser sogar stoppen, wenn man genau zur richtigen Zeit einschreitet.

Diese Erkenntnisse ziehen die Physiker aus einem ausgeklügelten Experiment, das sie in einem supraleitenden Schaltkreis durchgeführt haben. In diesem gibt es drei Energieniveaus, zwischen denen ein künstliches Atom hin- und herwechseln kann. Zwei davon sollen das Grundniveau und einen angeregten Zustand in einem gewöhnlichen Atom repräsentieren. Das dritte Level in dem Schaltkreis dient zur Kontrolle.

In ihrem Versuch feuerten die Forscher einen Strahl aus Mikrowellen in den Schaltkreis, worauf das System zunächst schnell zwischen dem Grundzustand und dem Kontrollzustand hin- und hersprang. Über eine an den Kontrollzustand angeschlossene Leitung gab es bei jedem dieser Sprünge ein kleines Energiepäckchen ab, was zu einem stetig oszillierenden Signal in dem angeschlossenen Messgerät führte.

Hin und wieder absorbierte das künstliche Atom jedoch eine Mikrowelle mit anderer Energie, wodurch es in den dritten Zustand des Systems springen konnte, der für längere Zeit Bestand hatte. In diesem Fall schlug das an den Kontrollzustand angeschlossene Messgerät nicht aus.

Zur Überraschung der Forscher blieb der Kanal jedoch bereits in den Mikrosekunden vor dem Sprung stumm. Das Team um Minev interpretiert dies so, dass sich das Versuchsatom gewissermaßen auf den anstehenden Hüpfer vorbereitet. Der Gruppe will es anschließend sogar gelungen sein, einen bereits begonnenen Quantensprung umzukehren: Wenn sie genau zum richtigen Zeitpunkt ein elektrisches Signal in den Schaltkreis einspeisten, machte das System kurzerhand kehrt und fiel in den Grundzustand zurück.

Noch muss sich zeigen, ob die Arbeit und ihre spektakuläre Interpretation dauerhaft Bestand haben wird. Sie wurde zwar von Gutachtern geprüft. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass Quantenphysiker den Aufsatz in den kommenden Wochen und Monaten kontrovers diskutieren werden.

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