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Roter Planet: Im Inneren des Mars verbirgt sich geschmolzenes Gestein

Der flüssige Metallkern des Roten Planeten ist kleiner als bislang angenommen: Ihn umgibt offenbar eine Schicht aus geschmolzenem Gestein. Sie könnte das Überbleibsel eines Magma-Ozeans sein.
Schnitt durch unseren Nachbarplaneten (künstlerische Darstellung)
Wie die Erde gliedert sich der Mars in eine Kruste und einen Mantel aus Silikatmineralen, darunter befindet sich ein Eisenkern.

Ein Meteorit, der im September 2021 auf dem Mars einschlug, hat neue Erkenntnisse über das Innere des Planeten erbracht. Indem sie die seismische Energie analysierten, die den Planeten nach dem Einschlag erschütterte, entdeckten Forscher eine Schicht aus geschmolzenem Gestein, die den aus flüssigem Metall bestehenden Kern des Mars umhüllt. Sie berichten davon im Fachmagazin »Nature«. Der Marskern ist demnach nicht nur kleiner als bisher angenommen, die neu entdeckte Schicht könnte auch einige der Fragen beantworten, welche die Entstehung und Entwicklung des Roten Planeten Fachleuten bis heute aufgeben.

Die Entdeckung stammt von der NASA-Mission InSight, bei der eine Raumsonde mit einem Seismometer auf der Marsoberfläche landete. Zwischen den Jahren 2018 und 2022 registrierte dieses Instrument Hunderte von Marsbeben, die den Planeten erschütterten. Seismische Wellen, die durch Beben oder Einschläge erzeugt werden, werden verlangsamt oder beschleunigt, je nachdem, welche Art von Material sie durchqueren. Dadurch können Seismologen den Durchgang der Wellen messen und ziehen so Rückschlüsse auf das Innere eines Planeten. Auf der Erde wurden die Informationen aus Erdbeben genutzt, um den geschichteten Aufbau des Planeten zu erkennen: eine spröde äußere Kruste, einen größtenteils festen Mantel, einen flüssigen äußeren Kern und einen festen inneren Kern. Daher ist es wichtig herauszufinden, ob andere Planeten ähnliche Schichtstrukturen aufweisen, denn sie sind der Schlüssel zum Verständnis ihrer geologischen Geschichte einschließlich der Frage, ob sie jemals für Leben geeignet waren.

Der innere Aufbau des Roten Planeten | Nach Neuauswertung der Marsbebendaten der NASA-Raumsonde InSight deutet sich an, dass das Innere des Roten Planeten anders aufgebaut ist als bislang erwartet. Oben ist das bisherige Modell des marsianischen Innenlebens zu sehen, unten das neue, bei dem eine Schicht aus flüssigem Silikatgestein direkt auf dem flüssigen Eisenkern des Planeten aufliegt.

Das Seismometer von InSight war das erste, das Marsbeben nachweisen konnte. Im Juli 2021 berichteten Forscher auf der Grundlage der Beobachtungen der Mission von elf Beben, dass der flüssige Kern des Mars einen Radius von rund 1830 Kilometern zu haben scheint. Das war größer, als viele erwartet hatten. Und es deutete darauf hin, dass der Kern überraschend große Mengen an leichten chemischen Elementen wie Schwefel vermischt mit Eisen enthielt.

Aber der Meteoriteneinschlag im September 2021 »hat alles enthüllt«, sagt Henri Samuel, Geophysiker am Institut für Erdphysik in Paris und Hauptautor einer der Veröffentlichungen. Der Meteorit schlug auf der gegenüberliegenden Seite des Planeten vom Landeplatz von InSight ein. Das ist viel weiter entfernt als die Marsbeben, die InSight zuvor untersucht hatte, und ermöglichte es der Sonde, seismische Energie aufzuspüren, die den gesamten Marskern durchdringt. »Wir waren so aufgeregt«, sagt Jessica Irving, Seismologin an der University of Bristol in England und Mitautorin von Samuels Arbeit.

Ein Rätsel lösen

Für Samuel war es eine Gelegenheit, seine These zu überprüfen, dass der Marskern von einer Schicht aus geschmolzenem Gestein umgeben ist. Die Art und Weise, wie die seismische Energie den Planeten durchquerte, zeigte, dass das, was die Wissenschaftler bislang für die Grenze zwischen dem flüssigen Kern und dem festen Mantel hielten, 1830 Kilometer vom Zentrum des Planeten entfernt, in Wirklichkeit eine andere Grenze zwischen flüssig und fest war. Es handelte sich um die Oberfläche der neu entdeckten Schicht aus geschmolzenem Gestein, die auf den Marsmantel trifft.

Das bestätigt auch eine zweite Studie, die von einem von Samuel unabhängigen Team durchgeführt wurde und ebenfalls in »Nature« erschienen ist. Die Autoren dieser Arbeit gehen allerdings davon aus, dass der Kern einen Radius von 1675 Kilometern hat. In der Studie wurden seismische Wellen von demselben weit entfernten Meteoriteneinschlag analysiert sowie Simulationen der Eigenschaften von Gemischen geschmolzener Elemente wie Eisen, Nickel und Schwefel bei den hohen Drücken und Temperaturen im Marskern durchgeführt. Dass geschmolzenes Gestein direkt auf geschmolzenes Eisen trifft, »scheint einzigartig zu sein«, berichtet der Erstautor Amir Khan, Geophysiker an der ETH Zürich. »Man hat diese Besonderheit der Flüssig-flüssig-Schichtung, dies gibt es auf der Erde nicht.«

Die Schicht aus geschmolzenem Gestein könnte von einem Magma-Ozean übrig geblieben sein, der einst den Mars bedeckte. Als das Magma abkühlte und sich zu Gestein verfestigte, hinterließ es eine tief gelegene Schicht mit radioaktiven Elementen, die noch immer Wärme abgeben und das Gestein an der Basis des Erdmantels geschmolzen halten, erklärt Samuel.

Die Raumsonde InSight ist außer Betrieb, ihre Solarpaneele sind mit Staub bedeckt, so dass es unwahrscheinlich ist, dass sie in nächster Zeit Messdaten sammelt, welche die Größe des Marskerns noch einmal wesentlich verändern könnten. Aber die weitere Überprüfung der Beobachtungsdaten der Mission könnte einige neue Details über das Innere des Mars zu Tage fördern.

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