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Astrophysik: Lichtteilchen brechen Energierekord

Manche Regionen des Alls fluten das Universum mit extremer Gammastrahlung. Nun haben Forscher eine besonders krasse Gegend dingfest gemacht.
Gammastrahlen-Detektor HAWC

Wenn Astronomen ins Weltall blicken, interessieren sie sich längst nicht nur für Licht, das wir mit unseren Augen sehen können. Seit Jahrzehnten fangen sie mit Messgeräten auch andere Strahlungsarten auf, beispielsweise Radio-, Röntgen- oder Gammawellen. Diese ermöglichen jeweils einen eigenen Blick auf den Kosmos, da sie mitunter in Gegenden emittiert werden, aus denen kein sichtbares Licht entweicht.

Was Gammastrahlen angeht, präsentieren Wissenschaftler nun einen neuen Rekord: Sie haben erstmals solche mit einer Energie von mehr als 100 Billionen Elektronvolt nachgewiesen, Physiker sprechen von Teraelektronvolt- oder TeV-Strahlung. Die Quanten tragen damit rund 14-mal so viel Energie wie die fast mit Lichtgeschwindigkeit reisenden Atomkerne am Genfer Large Hadron Collider, dem größten von Menschen gebauten Teilchenbeschleuniger.

Die extrem energiereiche Strahlung stammt aus dem so genannten Krebsnebel, einem Relikt einer historischen Sternexplosion. Heute gleicht die Region einer ausgedehnten Wolke, deren Teilchen von einem schnell rotierenden Neutronenstern laufend durcheinandergewirbelt werden. Dabei stoßen Elektronen immer wieder mit Lichtteilchen zusammen, was diese stark anschubst. Einige von ihnen fliegen daraufhin in Richtung Erde, wo sie rund 6300 Jahre später ankommen.

Krebsnebel im Gammalicht | Rechts eine Aufnahme des Krebsnebels durch ein gewöhnliches Teleskop, links die Aufnahme des Experiments Tibet AS-gamma im Gammalicht.

Irdische Messinstrumente haben diese Photonen erstmals 1989 registriert. Die allermeisten Techniken können jedoch nur Gammaquanten mit einer Energie von maximal einigen Dutzend TeV nachweisen. Anders die Detektoren HAWC und Tibet AS-gamma. Sie befinden sich jeweils auf gut 4000 Meter hohen Gebirgsplateaus und bestehen aus weit ausgedehnten Feldern spezieller Tonnen. Sie können dadurch Ausläufer von Lawinen aus geladenen Teilchen nachweisen, die Gamma-Photonen in der Atmosphäre lostreten. Aus der Form und Zusammensetzung der Kaskaden können Wissenschaftler anschließend ermitteln, aus welcher Richtung das Photon kam und welche Energie es hatte.

Sowohl HAWC als auch Tibet AS-gamma haben in den vergangenen Jahren mehrere Teilchen im Bereich jenseits von 100 TeV nachgewiesen. Das bestätige ein vorherrschendes Modell zur Entstehung der hochenergetischen Strahlung, der so genannten inversen Compton-Streuung, schreiben die Wissenschaftler in zwei separaten Fachaufsätzen.

Die Gammastrahlen-Astronomie gilt als eines der am schnellsten wachsenden Gebiete der modernen Astrophysik. Unter anderem entsteht derzeit ein großes Observatorium namens CTA. Es wird anders als HAWC und Tibet AS-gamma aus speziellen Teleskopen bestehen. Diese fangen nicht die Teilchen der von Gammaquanten losgetretenen Ladungslawinen auf, sondern schwache bläuliche Lichtblitze, welche die geladenen Partikeln auf ihrem Weg durch die Atmosphäre abstrahlen.

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