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Kosmologie: Schleimpilz verrät Form kosmischer Filamente

Die Struktur des Alls bringt Computer an ihre Grenzen - zumindest wenn man sie auf Basis der geltenden Naturgesetze simuliert. Aber vielleicht ist das gar nicht nötig.
Struktur des Kosmos

Die Struktur des Weltalls gleicht einem weit verzweigten Netz, das von lang gezogenen Fäden zusammengehalten wird. Gruppen von Galaxien bilden darin die Knotenpunkte, die Filamente bestehen aus dünn verteiltem Gas. Eingebettet ist das Ganze in große Mengen Dunkler Materie, die nicht auf Teleskopbildern auftaucht.

So legen es zumindest Computersimulationen nahe, die die Entwicklung des Alls auf Basis der bekannten Naturgesetze nachstellen. Ob das Weltall tatsächlich so aussieht, können Astronomen bisher jedoch nur punktuell überprüfen, indem sie die Verteilung hell leuchtender Galaxien ermitteln. Sie passt insgesamt gut zur Theorie des kosmischen Netzes.

Schwieriger ist der Nachweis der Filamente zwischen den Massenzentren. Zum einen tauchen die Fäden des Netzes kaum auf Teleskopaufnahmen auf. Zum anderen ist ihre genaue Form schwer zu simulieren, da sehr viele Parameter und Prozesse auf unterschiedlichen Größenordnungen zu beachten sind.

Ein Team um Joseph Burchett von der University of California hat daher nun einen ungewöhnlichen Weg gewählt, um eine vergleichbare Vorhersage für die kosmische Struktur zu gewinnen: Die Forscher nutzten einen Algorithmus, der auf der Ausbreitung der Schleimpilz-Art Physarum polycephalum basiert. Dieser bildet beim Wachstum ebenfalls ein feingliedriges Netz, berichtet die Gruppe im Fachmagazin »The Astrophysical Journal Letters«.

Universum auf Basis des Schleimpilz-Algorithmus | Die Forscher fütterten ihren Algorithmus mit Daten der Sloan Digital Sky Survey, die 37 000 Galaxien aufgespürt hat (gelb). Das Computerprogramm lieferte dann eine Prognose für die Form der Fäden zwischen den Galaxien (lila). Sie bestehen aus dünn verteiltem Gas und sind daher nur schwer mit Teleskopen aufzuspüren.

Die Idee dazu lieferte den Forschern zufolge der in Berlin lebende Künstler Sage Jenson, der 2010 von einer wissenschaftlichen Arbeit zu Physarum polycephalum inspiriert worden war.

Die Veröffentlichung von Burchett und seinem Team bestärkt nun die Vermutung, dass das All ähnlichen Ausbreitungsregeln folgt wie ein Schleimpilz auf Suche nach Nahrung: Der Algorithmus der Forscher sagte korrekt die Materieverteilung innerhalb der Filamente voraus, wie ein Vergleich mit astronomischen Messdaten zeigte.

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