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News: Schon die Neandertaler kämpften gegen das Hochwasser

Die Donau und andere Flüsse waren für die Menschen immer Lebensadern und Gefahr zugleich. Wenn es in diesen Tagen wieder Hochwasseralarm gibt, so hat das durchaus 'Tradition': Schon die Neandertaler mußten gegen die 'Macht der Fluten' kämpfen, sie taten dies mit Dämmen und ähnlichen Schutzeinrichtungen, aber auch mit Hilfe von Tieropfern, selbst rituelle 'Teilbestattungen' von Menschen dürften dabei eine Rolle gespielt haben. Das belegen Funde aus dem oberösterreichischen Donauraum, die Situation war aber in anderen Uferregionen der damaligen Welt dieselbe.
Im Heimathaus von Perg im Unteren Mühlviertel wurde am 28. Mai 1999 eine archäologische Ausstellung des Oberösterreichischen Landesmuseums eröffnet, die durch das Hochwasser der vergangenen Tage ungewollte Aktualität bekam. Denn die archäologischen Funde aus den vergangenen Jahren belegen eindeutig die Probleme, die die Menschen schon vor Tausenden von Jahren mit der Naturgewalt des Wassers hatten.

Im Zentrum der archäologischen Grabungen im Unteren Mühlviertel stand in den vergangenen Jahren ein etwa zwölf Meter hoher, teilweise von Menschenhand errichteter Hügel – die sogenannte Berglitzl – im Raum Gusen (Bezirk Perg). Erste Spuren reichen hier bis in die Zeit vor 130 000 Jahren zurück. Nach Auffassung des Archäologen Manfred Pertlwieser vom Landesmuseum stellt die Berglitzl die bisher älteste und bedeutendste Niederlassung des Neandertalers in unseren Breiten dar. Und schon zu dieser frühen Zeit spielte das immer wieder bedrohliche Wasser eine wesentliche Rolle. Daran änderte sich auch in späteren Epochen nichts.

Um etwa 8 000 vor Christus – also lange nach dem Neandertaler – gab es in diesem Bereich eine größere Siedlung, die aber offensichtlich genauso von einem Hochwasser zerstört wurde wie eine Niederlassung um 5 000 vor Christus. Funde belegen heute die Katastrophen, die sich damals abgespielt haben müssen. Der erwähnte Hügel dürfte schließlich zu einer immer wieder benutzten "Rettungsinsel für Mensch und Vieh im Fall von Überflutung des eigentlichen Siedlungs-, Acker- und Weidenniveaus" geworden sein, so Pertlwieser.

Die Bewohner des Donauraumes versuchten, durch Steinbauten und Stützmauern aus Granitblöcken Dämme zu errichten, sie verwendeten auch riesige Mengen von Flußgeröll für diesen Zweck. Daraus wurde schließlich eine terrassenförmig aufsteigende und burgartige Siedlung auf der Berglitzl, die Archäologen sprechen von einer von Donauarmen umschlossenen "Inselburg". Zugleich wurden diese technischen Vorkehrungen gegen das Hochwasser auch von Ritualen und vom Kult begleitet. Man fand im Verlauf der Grabungen zahlreiche Hinweise auf solche Kulthandlungen.

Es gab rituell angeordnete Stierschädel und Körperteile von Schafen und Ziegen und nicht zuletzt menschliche "Teilbestattungen". Dabei wurden Schädel ohne Unterkiefer und Gliedmaßen mit Spuren gewaltsamer Abtrennung vom Körper beerdigt, ebenso dürften Waffen- und Geräteopfer eine wichtige Rolle gespielt haben. Pertlwieser: "Ganz offensichtlich wurden die arbeitsaufwendigen Wiederherstellungsarbeiten nach strömungsbedingten Schäden von Opferhandlungen begleitet, die auf die Gewalt des Wassers ausgerichtet waren".

Letztlich war alles vergeblich, vermutlich um das Jahr 1 500 vor Christus vernichtete ein verheerendes Hochwasser die gesamte "Inselburg" mit allen ihren Dämmen. Wieviele Tote es dabei gab, das weiß heute niemand mehr.

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