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News: Schrumpfende Hülle

Treibhausgase machen unsere Umwelt warm, das ist ein bekannter Effekt. In luftigeren Höhen jedoch wirken sie genau entgegengesetzt, nämlich kühlend. Die Folge sich dadurch zusammenziehender Atmosphärenschichten könnte unter anderem sein, dass Satelliten länger auf der richtigen Bahn bleiben.
Cirruswolken
Mit der Höhe wird die Luft dünn, das kennt jeder, der einmal im Hochgebirge wandern war. Und doch sind die Verhältnisse dort, lassen sie einen auch noch so angestrengt nach Luft schnappen, geradezu undurchdringlich dicht im Vergleich zur Thermosphäre: Hier, in der obersten Schicht der Atmosphäre jenseits von 90 Kilometern Höhe, beträgt die Dichte gerade noch ein Billionstel von jener am Erdboden.

In dieser Region sind außerdem Satelliten beheimatet, das Space Shuttle zieht hier seine Runden, und die Internationale Raumstation streckt ihre Sonnensegel aus – und das wohl ungerührt von solch irdischen Problemen wie Luftwiderstand. Doch weit gefehlt: Auch hier bremst die Umgebung, und das immerhin so stark, dass die künstlichen Trabanten unserem Planeten nach und nach immer näher kommen, bis sie schließlich ganz abstürzen, würde man nicht gegensteuern.

Nun kommt ein weiterer Faktor ins Spiel: Treibhausgase. Kohlendioxid, Methan und Co heizen uns Menschen seit einigen Jahrzehnten tüchtig ein, die Thermometer klettern, und die Zukunft wird wahrscheinlich warm, wenn auch niemand weiß, wie sehr. In den oberen Schichten der Atmosphäre aber steht das Bild Kopf. Denn hier bewirken Kohlendioxid und Methan eine Abkühlung, indem sie aufgenommene Wärmeabstrahlung hinaus ins All emittieren.

Kühlt sich nun aber eine Gasschicht ab, dann zieht sie sich zusammen – ihre Dichte nimmt also zu. Da aber die Atmosphäre der Erde wie eine Zwiebel aufgebaut ist, rutschen damit die einzelnen Schalen auch näher an den Planeten heran. In einer gewissen Höhe würde man also nach einer Abkühlung nun auf eine geringere Dichte als zuvor treffen, weil sich die Schicht schlicht ein paar Kilometer nach unten verlagert hat. Und noch einen Schritt weiter, nun wieder zurück zu den Satelliten: Treffen sie in ihren Umlaufbahnen nun auf eine geringere Dichte und damit weniger Widerstand und Zug nach unten, sollte es ihnen auch länger gelingen, auf der richtigen Bahn zu bleiben.

Diesen winzigen Abweichungen in der Umlaufbahn von lange kreisenden Objekten in der Thermosphäre waren Wissenschaftler um John Emmert vom Naval Research Laboratory in Washington auf der Spur – und das erfolgreich: Ihre Analyse von Daten aus drei Jahrzehnten und 27 Gerätschaften in 200 bis 800 Kilometer Höhe – vom Satelliten bis zum Raketenrest –, weisen auf eine immer geringer werdende Annäherung an die Erde hin. Daraus berechneten die Forscher, dass die Dichte der Thermosphäre offensichtlich in den letzten 35 Jahren um zehn Prozent abgenommen haben muss – und das umso stärker, je höher gelegen die betrachtete Schicht war.

Die Daten bestätigen die Ergebnisse anderer Studien und Simulationen – und der Trend ist eindeutig: Bis 2100, so errechneten die Forscher, könnte sich die Dichte der Thermosphäre bezogen auf die jeweiligen Höhen halbieren.

Welche Folgen das nun wiederum für den Treibhauseffekt hat, bleibt völlig spekulativ. Konstrukteure und Betreiber von Satelliten oder anderem technischen Gerät mit thermosphärischem Reiseziel könnten die Ergebnisse freuen – denn, wie schon erklärt, die Lebensdauer ihrer Objekte dürfte sich damit deutlich verlängern beziehungsweise würden sie beispielsweise weniger Treibstoff verbrauchen.

Übrigens: Ein gutes Beispiel, wie eine überwiegend aus Kohlendioxid bestehende Atmosphäre aussieht, zeigt ein Blick auf die Venus: Sie ist umhüllt von einer unteren Atmosphäre mit mehr als kuscheligen 427 Grad Celsius und einer äußerst kalten und kompakten äußeren Schicht. Wie gut, dass wir auf der Erde nur Spuren des Treibhausgases vorfinden.

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