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Astrophysik: Schwarze Löcher in Serienproduktion

Schwarze Löcher mit gut 50 Sonnenmassen sollte es eigentlich nicht geben. Da man mindestens eines von ihnen mittlerweile aufgespürt hat, sind Theoretiker gefragt. Einige von ihnen haben jetzt ein interessantes Szenario ausgearbeitet.
Gravitationswellen

Seit Jahren zerbrechen sich Astrophysiker den Kopf darüber, wie eine besondere Klasse von Schwarzen Löchern entsteht. Die Exemplare bringen etwas mehr als das 50-Fache unserer Sonne auf die Waage. Damit sind sie zu schwer, als dass sie durch den Kollaps von Riesensternen entstehen können. Experten dachten deshalb lange, dass es schlicht keine dunklen Giganten in dieser Gewichtsklasse gibt.

Das Gravitationswellenobservatorium LIGO hat in den vergangenen Jahren jedoch ein Signal aufgefangen, das die Existenz eines solchen Schwarzen Lochs zu belegen scheint. Seitdem sind Theoretiker gefragt: Entstehen Masseklumpen dieser Kategorie in Gebieten mit großer Sternendichte? Oder sind es eher andere Regionen, in denen Schwarze Löcher leicht zueinanderfinden und verschmelzen?

Ein Team um Imre Bartos von der University of Florida präsentiert im Fachjournal »Physical Review Letters« nun neue Argumente für letzteres Szenario. Den Forschern zufolge könnte es regelrechte Fabriken für die Verschmelzung von Schwarzen Löchern geben. Die Gruppe hat hier ausgerechnet das Umfeld von »supermassereichen« Schwarzen Löchern im Sinn: Sie verbergen sich im Zentrum von Galaxien und vereinen oft das Milliardenfache der Masse unserer Sonne in ihrem Inneren. Umgeben sind sie von einer weit ausgedehnten Scheibe aus Gas und Staub.

Schätzungen ergeben, dass sich in einer solchen Akkretionsscheibe auch kleinere Schwarze Löcher befinden sollten, da sie ebenfalls in den Sog des Galaxienkerns geraten. Simulationen zufolge wandern sie mit der Zeit immer näher an das supermassereiche Loch im Zentrum. Dabei sammeln sie sich möglicherweise vorrangig in einem bestimmten Orbit, dessen Durchmesser 300-mal so groß wie das Schwarze Loch im Zentrum ist. In diesem Abstand würden Schwarze Löcher dann sukzessive zu immer schwereren Exemplaren verschmelzen, wobei mit der Zeit zwangsläufig Objekte mit mehr als 50 Sonnenmassen entstünden, so die Forscher.

Ob dies wirklich so ist, könnten künftige Beobachtungen zeigen: Das Team um Bartos hat berechnet, dass langfristig 40 Prozent der von LIGO aufgespürten Schwarzen Löcher in die ungewöhnliche Gewichtsklasse fallen müssten, einige kämen sogar auf 80 Sonnenmassen. Auch der Drehsinn der Schwarzen Löcher soll Rückschlüsse erlauben. Derzeit sammeln LIGO und sein europäisches Schwesterinstrument Virgo neue Daten. Wie viele Verschmelzungen von Schwarzen Löcher sie dabei genau aufspüren und welche Eigenschaften diese haben, werden die nächsten Jahre zeigen.

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