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Neandertaler: Schwere und schmerzhafte Geburt

Becken Neandertaler
Schon bei den Neandertalern war die Geburt eine schmerzhafte Erfahrung: Zu diesem Schluss kommt ein Forscherteam um Tim Weaver von der University of California und Jean-Jacques Hublin vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Sie rekonstruierten virtuell das Becken einer Neandertalerin und verglichen es mit dem einer Frau von heute. Obwohl sich bei beiden die Geburtskanäle in Form und Größe leicht unterscheiden, muss sich bei der Geburt ein großer Schädel mühevoll durch den engen Beckenausgang quälen.

Der Geburtsmechanismus funktioniert heute aber anders als damals: Während der Homo sapiens sich bei seiner Geburt durch den Beckenausgang schrauben muss, weil sich der Durchmesser des Geburtskanals nach unten hin verjüngt, konnte der Homo neanderthalensis auf diese Drehungen verzichten. Die Größe seines Geburtskanals blieb konstant – der Kopf des Kindes musste sich nicht durch Rotation anpassen.

Andere Primatenarten wie die Menschenaffen haben dieses Problem nicht: Der Kopf der Neugeborenen ist wesentlich kleiner als das Becken der Mütter und gleitet so gut hindurch. Vermutlich hat die evolutionäre Veränderung des Geburtsprozesses erst vor etwa 300 000 bis 400 000 Jahren stattgefunden. Die menschliche Entbindung ist deswegen einzigartig und weicht von der Entwicklung der Neandertaler deutlich ab.

Das Klima könnte diese maßgeblich beeinflusst haben, vermuten die Forscher: Während der Neandertaler in eher kühleren Regionen lebte, wo ein breites Becken aufgrund der höheren Fettreserven der Wärmeregulation zugute kam, verließ der moderne Mensch erst vor etwa 100 000 Jahren den afrikanischen Kontinent. Dort könnte es evolutionär von Vorteil gewesen sein, ein kleineres Becken zu besitzen.

Tabea Rueß

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