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Spezielles Jagdverhalten: Kegelrobben fressen Seehunde und ihresgleichen

Die ikonischen Tiere von Helgoland ernähren sich nicht nur von Fischen wie lange angenommen. Wie Forscher beobachteten, verspeisen Kegelrobben auch größere Säuger und selbst Artgenossen - und hinterlassen spezifische Bisswunden.
Zwei Kegelrobben im Kampf

Kegelrobben werden gemeinhin als putzige Zeitgenossen angesehen, vor allem die flauschigen Jungtiere. Zugleich gelten sie als die größten Räuber in der Tierwelt Deutschlands. Wie Biologen um Abbo van Neer von der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover herausfanden, ernähren sich die Robben nicht nur von Fischen und anderen kleinen Meerestieren wie lange vermutet, sondern auch von größeren Säugern wie Seehunden und Schweinswalen – sowie von ihresgleichen. Um das Fressverhalten der Tiere genauer zu erforschen, haben die Forscher nun die Bisswunden gründlich dokumentiert.

Sechs Jahre lang beobachteten van Neer und seine Kollegen das Jagd- und Fressverhalten der Kegelrobben (Halichoerus grypus) insbesondere auf der Insel Helgoland. Darüber hinaus sammelten und untersuchten sie insgesamt 3274 Kadaver von Kegelrobben und Seehunden – 183 davon eigneten sich für ihre Studie. Die Überreste waren zwischen 1995 und 2018 dokumentiert worden. In einigen Fällen hatten die Wissenschaftler zudem beobachtet, wie Kegelrobben kurz zuvor noch an den Tieren gefressen hatten. In »Scientific Reports« legen sie nun einen Katalog der Bissverletzungen vor (Wundparameter). »Die typischste Wunde, die Kegelrobben verursachen, ist eine große Verletzung mit weichem, geradem, schnittartigem Rand«, schreiben die Forscher in ihrer Studie. Meist würden die Robben die Haut ihrer Beute entfernen – weil sie es auf den kalorienreichen Speck darunter abgesehen haben. Über das Muskelfleisch hingegen machten sich andere Nutznießer her, etwa Vögel.

Ran an den Speck | Eine Kegelrobbe frisst einen Artgenossen.

Anlass für van Neers Forschungen gab eine Beobachtung: 2013 war eine Kegelrobbe gesichtet worden, die einen Seehund (Phoca vitulina) verspeiste. Darüber hinaus hatten die Bisswunden bisher für Fehlinterpretationen gesorgt. Denn offenbar hinterlassen Kegelrobben ähnliche Verletzungen an einem Tier wie ein Schiffspropeller. Laut den Forschern herrschte daher keine genaue Kenntnis über das Fressverhalten von Halichoerus grypus, vermuteten Experten doch, dass die Wunden an Tieren von Kollisionen mit Schiffen rührten.

Außer von Seehunden und Schweinswalen ernähren sich die Kegelrobben auch von ihren Artgenossen, wie van Neer es für Helgoland laut einer Pressemitteilung beschreibt: »Dort konnte ich Kegelrobben dabei beobachten, wie sie andere Robben fingen, töteten und bis zu 90 Minuten lang das Fett ihrer Beute Stück für Stück fraßen.« Dass sich die Tiere auch über Schweinswale hermachen, ergaben vorangegangene Studien.

Mit Hilfe ihrer Daten wollen van Neer und sein Team auch einschätzen können, wie sich das Jagd- und Fressverhalten der Kegelrobben auf das gesamte Ökosystem auswirkt. Die Tiere galten etwa im Wattenmeer als ausgestorben. Inzwischen haben sich ihre Populationen durch Schutzmaßnahmen erholt und wachsen stetig.

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