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Supraleiter: Neuer Nachweis für Heiligen Gral der Physik dank Quantensensor

Hochdruck-Supraleiter kämpfen mit einem angekratzten Ruf. Ein neuer Quantensensor verrät, ob sie wirklich supraleitend sind – und das bei millionenfachem Atmosphärendruck.
Diamantstempelzelle mit Stickstoff-Fehlstellen-Zentren. Diese können als Quantensensoren dienen und so Veränderungen im Magnetfeld messen. In einem der Diamanten zeigen rote Pfeile die Stickstoff-Fehlstellen-Zentren an. Magnetfeldlinien sind als Linien dargestellt und biegen sich um einen Supraleiter herum, der als kleines Plättchen zwischen den zwei Diamanten dargestellt ist.
Verunreinigungen in einem Diamanten können so praktisch sein: Indem Forscherinnen und Forscher so genannte Stickstoff-Fehlstellen-Zentren in eine Diamantstempelzelle integrieren, können sie auch bei millionenfachem Atmosphärendruck herausfinden, ob im Inneren der Zelle ein Supraleiter steckt oder nicht. (Illustration)

Materialien, die bei sehr hohem Druck supraleitend sind, werden derzeit intensiv erforscht. Im Gegensatz zu anderen Supraleitern könnten sie möglicherweise auch noch bei relativ hohen Temperaturen Strom ohne Verluste leiten. Das macht sie zu viel versprechenden Kandidaten für den Traum, eines Tages einen Raumtemperatur-Supraleiter zu entdecken. Allerdings benötigen diese wasserstoffreichen Materialien, auch Superhydride genannt, spezielle Hochdruckbedingungen, die dem Millionenfachen des Atmosphärendrucks entsprechen. Aus diesem Grund ist es schwierig nachzuweisen, ob ein solches Superhydrid wirklich supraleitend ist. Nun will eine Forschungsgruppe eine Lösung gefunden haben: einen Quantensensor, der direkt in die Diamantstempelzelle integriert ist, die den hohen Druck erzeugt. Die Studie ist im Fachmagazin »Nature« erschienen.

Ein Supraleiter zeichnet sich dadurch aus, dass er elektrischen Strom verlustfrei leiten kann. Doch eine Messung des fehlenden elektrischen Widerstands allein reicht als Nachweis nicht aus, denn ein Supraleiter hat eine weitere charakteristische Eigenschaft: Er verdrängt alle Magnetfelder aus seinem Inneren. Dieser Effekt, auch als Meissner-Effekt bekannt, sorgt dafür, dass eine Magnetschwebebahn auf supraleitenden Schienen ohne jegliche Verluste dahingleiten könnte. Bei Demonstrationen des Meissner-Effekts sieht man oft kleine Magnete über einer supraleitenden Oberfläche schweben.

Bei Hochdruck-Supraleitern aber ist dieser Effekt nicht so einfach sichtbar, da es sich dabei um winzige Proben handelt, die in einer abgeschlossenen Umgebung bei extrem hohen Drücken in einer Diamantstempelzelle stecken. »Das macht es so schwierig, überhaupt Informationen aus dem Inneren der Kammer zu bekommen«, sagt Norman Yao von der Harvard University, der an der Studie beteiligt war, in einer Pressemitteilung seiner Universität. »Deshalb hat eigentlich noch nie jemand die beiden Hinweise auf Supraleitung bei einer einzigen Probe gleichzeitig beobachtet.«

Diamantstempelzelle erzeugt Druck und misst Magnetfeld

Genau das ist den Forscherinnen und Forschern nun gelungen, indem sie einen Quantensensor direkt in die Diamantstempelzelle integriert haben, die den nötigen Druck erzeugt. Dafür haben sie so genannte Stickstoff-Fehlstellen-Zentren in den Diamanten eingebracht. Eigentlich handelt es sich bei diesen Fehlstellen um Verunreinigungen im Diamanten mit je einem fehlenden Kohlenstoffatom sowie einem benachbarten Stickstoffatom. Diese Fehlstellen lassen sich als Quantensensoren nutzen, da sie extrem empfindlich auf Veränderungen im äußeren Magnetfeld reagieren – zum Beispiel, wenn in der Diamantstempelzelle ein Supraleiter steckt, der das Magnetfeld aus seinem Inneren verdrängt.

Als Testobjekt diente ein Material namens Cerium Superhydrid, das ab einer Temperatur von 91 Kelvin und bei einem Druck von 137 Gigapascal supraleitend werden sollte. Der Nachweis war erfolgreich: So konnten die Forschenden nicht nur zeigen, dass ihr Quantensensor funktioniert, sondern auch, dass es sich bei Cerium Superhydrid tatsächlich um einen Supraleiter handelt. Eine gleichzeitige Messung des Magnetfeldes sowie der elektrischen Leitfähigkeit derartiger Superhydride ist somit künftig ebenso für andere Materialien möglich.

Die Forschenden gehen davon aus, dass sich ihre Methode noch auf höhere Drücke von bis zu 200 Gigapascal, was etwa dem zweimillionenfachen Atmosphärendruck entspricht, erweitern lassen sollte. Die Quantensensoren können zudem auf Grund ihres hohen räumlichen Auflösungsvermögens Unebenheiten im supraleitenden Material aufspüren. Doch fast am wichtigsten: Die neue Messmethode kann bei künftigen Nachweisen von potenziellen neuen Supraleitern zum Einsatz kommen. Gerade in den zurückliegenden Monaten war das Forschungsfeld der Hochdruck-Supraleiter in Verruf geraten – auf Grund von Plagiatsvorwürfen, unsauberen Analysen sowie zurückgezogenen Arbeiten.

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