Direkt zum Inhalt

Bedrohte Tierarten: US-Regierung hebelt zentrales Naturschutzgesetz aus

Der »Endangered Species Act« schützt zahlreiche bedrohte Tierarten. Zu viel Regulierung, sagen nun US-Minister. Wirtschaftliche Interessen sollen stärker berücksichtigt werden.
Bison überquert eine Landstraße

Die US-Regierung hat weit reichende Änderungen im Artenschutz vorgenommen. So soll die Entscheidung, eine Art unter Schutz zu stellen, künftig gegen wirtschaftliche Interessen abgewogen werden. Bislang durften derartige Überlegungen keine Rolle spielen. Umweltschützer haben den Schritt heftig kritisiert und rechtliche Schritte angekündigt. Auch demokratische Abgeordnete suchen US-Medien zufolge nach Möglichkeiten, das für nächsten Monat geplante Inkrafttreten der Änderungen zu verhindern.

Die Regierung Trump hat in der Vergangenheit bereits mehrfach Umwelt- und Naturschutzbestimmungen abgeschwächt, insbesondere dort, wo sie einen Konflikt mit wirtschaftlichen Interessen gesehen hat. So verloren Gebiete ihren Status als Nationalpark, um eine Erschließung zu ermöglichen. Einen ähnlichen Hintergrund dürfte auch die aktuelle Neuregelung haben, bei der es sich formal um eine Überarbeitung der Bestimmungen zur Anwendung des »Endangered Species Act« handelt. Dieser wichtige Eckpfeiler des heimischen Naturschutzes verankert den Schutz bedrohter Tierarten seit 1973 im Gesetz.

Laut der »New York Times« würden die Änderungen wohl darauf hinauslaufen, dass künftig Firmen leichteren Zugang zu Regionen mit geschützten Arten erlangen. Gerade Bergbau-, Öl- oder Gasfirmen sowie Holzfäller und Bauunternehmen erhalten von der konservativen Regierung immer wieder Beistand, wenn Umwelt- und Naturschutzbestimmungen ihren geschäftlichen Anliegen in die Quere kommen. Innenminister David Bernhardt, selbst ehemaliger Öl- und Gaslobbyist, pries die Neuregelung dementsprechend als »Modernisierung«, die eine »klarere, konsequentere und effizientere« Umsetzung des Gesetzes ermöglichen. In der Vergangenheit hatte er bereits »Überregulierung« durch das Gesetz beklagt.

Auch die Skepsis der US-Regierung, was die Existenz des menschengemachten Klimawandels angeht, findet sich in den neuen Bestimmungen. Die Folgen des Klimawandels zeigen sich mitunter erst ab Mitte des Jahrhunderts. Die US-Regierung stellt sich jedoch immer wieder auf den Standpunkt, dass nur kurzfristige Prognosen seriös seien. Für diese Zeiträume sagen viele Klimamodelle aber noch keine gravierenden Veränderungen voraus. Die Neuregelungen sollen es erlauben, die künftigen Bedrohungen für eine Art anhand mehr oder weniger frei gewählter Zeiträume abzuschätzen. Wie der »Guardian« erläutert, wird beispielsweise der Vielfraß, der in den USA kurz vor der Ausrottung steht, nach Meinung von Experten infolge der globalen Erwärmung noch mehr Lebensraum verlieren. Dieser Prozess werde sich jedoch noch bis 2050 hinziehen – und damit weit länger, als bei der bald anstehenden Entscheidung über seinen Schutz berücksichtigt werden dürfte.

Naturschützer kritisieren noch weitere Bestandteile der Neuregelung. So soll ab nun ein Unterschied gemacht werden zwischen »gefährdeten« Tierarten (»threatened«) und solchen, die unmittelbar vom Aussterben bedroht sind (»endangered«). Bislang erhielten beide den gleichen Schutz. Auch soll es leichter möglich sein, Tierarten ihren Schutzstatus wieder abzuerkennen.

Der »Endangered Species Act« wurde vom ehemaligen US-Präsidenten Richard Nixon unterzeichnet. Er stellt mehr als 1650 Tierarten unter Schutz. Nach Meinung von Wissenschaftlern wären viele bekannte Tierarten wie der Buckelwal, der Weißkopfseeadler oder die Florida-Seekuh ohne das Gesetz längst ausgestorben. In der Vergangenheit haben republikanische Abgeordnete immer wieder versucht, das Gesetz selbst zu ändern, allerdings ohne Erfolg. Die Neuregelung seiner Anwendung sei der größte Sieg der Artenschutzgegner seit Jahrzehnten, urteilt die »New York Times«.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.