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Kosmologie: Wie Lebewesen der Dunklen Energie entkommen könnten

Das Weltall fliegt immer schneller auseinander, irgendwann wird ein Großteil der Sterne hinter dem kosmischen Horizont verschwunden sein - ein Problem für jedes intergalaktische Imperium. Ein Astrophysiker schlägt nun eine Lösung vor.
Dyson-Sphäre

Eines Tages könnte es im Universum ganz schön einsam werden: In rund 100 Milliarden Jahren wird sich das Weltall vermutlich so weit ausgedehnt haben, dass nur noch ein paar Dutzend Nachbargalaxien der Milchstraße am Firmament sichtbar sind. Alle anderen Sterninseln – heute können Astronomen schätzungsweise 100 Milliarden mit Teleskopen aufspüren – haben sich dann so weit von uns entfernt, dass ihr Licht uns nicht mehr erreichen kann. Schuld ist die rätselhafte Dunkle Energie, die alle Abstände im Weltall kontinuierlich streckt und mit der Zeit den Kosmos immer stärker auseinanderdrückt.

Für eine extrem weit entwickelte Zivilisation, die einen ganzen Haufen von Galaxien besiedelt hat, wird die Dunkle Energie irgendwann zum Problem. Schließlich würden im Lauf der Äonen immer mehr Randbezirke des kosmischen Reichs hinter dem kosmischen Horizont verschwinden, Kommunikation quer über das Reich würde unmöglich. Ist also jedes intergalaktische Imperium auf lange Sicht dazu verdammt, die Kontrolle über seine Außenposten zu verlieren?

Eine Schar aus Dyson-Sphären

Solche Fragen kann man für dämliche Sciencefiction halten. Andererseits beschäftigen derartige Gedankenspiele durchaus manchen Astrophysiker. Zum Beispiel Dan Hooper von der University of Chicago, der an und für sich ein renommierter Kosmologe ist. Der Amerikaner schlägt nun in einem Online-Aufsatz eine Strategie vor, mit der extrem hochentwickelte Lebewesen auf die Bedrohung reagieren könnten: Sie könnten riesige, auf der Innenseite mit Solarzellen gepflasterte Hohlkugeln um ihre Sterne bauen, so genannte Dyson-Sphären.

Die Konstrukte tauchen bereits seit Langem in Sciencefiction-Geschichten auf. Die mit ihnen gesammelte Energie könnte eine Zivilisation nutzen, um die Sterne samt ihrer Planetensysteme zum Zentrum des Imperiums hin zu beschleunigen, argumentiert Hooper. So könnten sie in die entgegengesetzte Richtung der Ausdehnung des Alls fliegen und in der Nähe der anderen Galaxien des kosmischen Reichs zu bleiben.

Aber wie soll man die Sterne bewegen, noch dazu mit einer Geschwindigkeit, die es mit der Dunklen Energie aufnehmen kann? Im Prinzip geht das mit einem Konzept, das der Ingenieur Leonid Shkadov bereits vor Jahrzehnten erdacht hat. Demnach würde auf einer Seite eines Sterns ein riesiger Spiegel platziert, der das Sternenlicht reflektiert. Da nun auf der einen Seite Strahlung entkommen kann, auf der anderen hingegen nicht, würde der Stern in Bewegung geraten, und könnte so auf lange Sicht knapp 0,01 Prozent der Lichtgeschwindigkeit erreichen.

Das reicht allerdings noch nicht, um der Dunklen Energie entgegenzuwirken – aber eine hochentwickelte Zivilisation hätte vielleicht auch Wege gefunden, einen Teil der Sternmasse in Bewegungsenergie umzusetzen oder die Schwerkraft anderer Himmelskörper auszunutzen, schreibt der US-Astrophysiker. Sollte das so sein, könnten diese Lebewesen ihre Sterne vom immer näher rückenden kosmischen Horizont wegbewegen.

Suche nach Superzivilisationen

Hooper hat auch ausgerechnet, welcher Typ von Stern wohl am ehesten auf die Reise geschickt werden könnte. Sein Ergebnis: Für Sterne vom Format unserer Sonne und solche, die etwas leichter sind, würde die Technik wohl am besten funktionieren. Schwerere Feuerbälle brauchen ihren Brennstoff zu schnell auf für die lange Reise zum Zentrum der Zivilisation, und deutlich leichtere Sonnen liefern nicht genügend Energie, meint Hooper.

Der Forscher schlägt sogar vor, im heutigen Weltall gezielt nach weit entfernten Superzivilisationen zu suchen, die diese Strategie bereits anwenden, um vorausschauend der immer schneller ablaufenden Expansion des Alls vorzubeugen: Diese Außerirdischen würden sich dadurch verraten, dass in den von ihnen besiedelten Galaxien fast nur sehr schwere oder extrem leichte Sterne sichtbar sind. Alle anderen wären von Dyson-Sphären ummantelt worden und würden damit allenfalls langwellige Wärmestrahlung aussenden.

Sollten einige der 100 Milliarden Galaxien im sichtbaren Universen vorrangig Strahlung nach diesem Muster abgeben, wäre das wohl ein Indiz dafür, dass Hoopers Vorschlag etwas mit der Realität zu tun hat. Sonst dürfte das Ganze eine nette Idee bleiben, die vielleicht irgendein findiger Sciencefiction-Autor aufgreifen wird.

Anmerkung: Der Text wurde nachträglich um genauere Details zu der Frage ergänzt, wie sich Sterne zum Zentrum einer intergalaktischen Zivilisation bewegen ließen.

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