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Zu Gast beim Psychiater

Wie der Alltag in einer psychiatrischen Praxis ist – und wie ganz ausdrücklich nicht –, davon erzählt Jakob Hein in seinem aktuellen Buch.

Jakob Hein ist als Schriftsteller von Romanen bekannt geworden, aber er ist auch Psychiater in eigener Praxis in Berlin. Die Frage einer Wissenschaftsjournalistin, warum er nie über seine Arbeit als Arzt schreibe, brachte ihn auf die Idee zu diesem Sachbuch. Heins Antwort: Er habe keine rechte Lust dazu, denn schließlich hätten die meisten Menschen ziemlich genaue Vorstellungen vom Beruf des Psychiaters – ohne den Schatten einer Ahnung. »Dann schreiben Sie doch einfach ›Der Psychiater, der ich nicht bin‹«, schlug die Gesprächspartnerin vor.

Ein wenig schade ist es, dass es bei diesem Titel nicht bleiben konnte. Er hätte den Inhalt so viel treffender beschrieben. Lässt doch »Hypochonder leben länger« eher spannende Fallgeschichten aus der psychiatrischen Praxis vermuten. Stattdessen geht es in Jakob Heins neuem Buch um die Sicht eines Psychiaters auf seinen Berufsalltag. Und um die Diskrepanz zu dem, was sich der Rest der Welt unter seiner täglichen Arbeit vorstellen mag. Was durchaus ein spannendes Thema ist.

Aufräumen mit falschen Vorstellungen

Dass man als Psychiater bei aller freundlichen Zugewandtheit kein Freund des Patienten ist, sondern professioneller Behandler bleibt, und dass Diagnosen höchstens als sehr holprige Behelfsmittel im Behandlungsalltag gelten können, erklärt der Autor dabei wiederholt. Das mag für manche Leser ermüdend sein. Für andere jedoch – für die dem Beruf des Psychiaters noch immer etwas Anrüchiges anhaftet oder die schon immer mal wissen wollten, wie es hinter der Tür eines »Seelenklempners« wirklich zugeht – ist es sicherlich spannend.

Überhaupt ist Heins Buch unterhaltsam und enthält viele witzige Passagen. Bei der Vielzahl der beschriebenen alltäglichen Freuden und Tücken des Psychiaterdaseins hätte man sich manchmal allerdings mehr Tiefgang gewünscht. An anderer Stelle finden sich wiederum sehr gelungene Abschnitte, etwa zu der Frage nach der Schuld an psychiatrischen Erkrankungen und der allgemeinen Tendenz, Krankheiten heute als Bilanz oder gar Strafe aufzufassen.

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